Impfung gegen Gürtelrose – Warum Risiko für eine Alzheimer-Demenz sinkt

Trotz Werbung mit der Angst, dürfte die aktuelle Werbekampagne der Pharmaindustrie, sich gegen Herpes zoster bzw.  die Gürtelrose allein schon wegen lang anhaltender  und teilweise fürchterlicher Nervenschmerzen impfen zu lassen, wegen des  hohen Erkrankungsrisikos (20 – 30 Prozent der Bevölkerung 1 ) durchaus sinnvoll sein. Weniger geläufig scheint aber der offensichtliche Zusammenhang,   dass Varizelen-Zoster-Viren (VZV) in der Lage sind,  eine Alzheimer-Demenz auszulösen.

Dies hängt wiederum mit dem Herpes Simplex Virus (HSV-1) zusammen, der sich bekanntlich nach Erstinfektion („Lippenbläschen“) in die Nervenzellen zurückzieht und dort z.B. auf eine stressbedingtre Immunschwäche lauert, um z.B. einen geplanten Urlaub oder ein erstes Rendez-vous eher lustmindernd zu gestalten 3. Was nicht ganz selten ist, haben sich doch laut WHO rund  3,7 Milliarden (67 %)  Menschen unter 50 Jahren bereits (nicht selten asymptomatisch) mit einem HSV-1 angesteckt  4, wobei auch der Varizellen-Virus (Windpocken) weit verbreitet ist.

Mit zunehmendem Alter können sich Varizellen-Virus aber leider reaktivieren (VZV) und blühen dann  in Form eines VZV als Gürtelrose auf. Kommt VZV nun aber mit Nervenzellen in Berührung, in der sich „schlafende“ HSV-1  befinden, werden diese wieder aufgeweckt.  Die Folge ist  eine dramatische Zunahme von für die Alzheimererkrankung so typischen Tau- und Beta-Amyloid-Proteinen. Es spricht also viel dafür, sich allein schon aus diesem Grund einer  Herpes-Zoster-Impfung zu unterziehen.

Referenzen: 1 RKI (Robert-Koch-Institut).  Gürtelrose (Herpes zoster): Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Erkrankung und Impfung. Stand 09.02.2023   //   2  Caims DM, Itzhaki RFl, Kaplan DL. Potential involvement of Varicella Zoster Virus in Alzheimer’s disease via reactiviation of quiescent Herpes Simplex Virus Type 1. J Alzheimers’s Dis. 2022; 88 (3): 1189-1200  //  3  Islam SMS, Ryu HM, Sveed HM, Sohn S. Interrelationship of stress, environment, and herpes simpex virus type-1 on Behcet’s disease: using a mouse model. Front Immunol. 2021; 12; 607768  //  4 https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/herpes-simplex-virus

RK 18.05.2023


Morbus Alzheimer – Aktuelle Datenanalyse deutet auf eine Infektion mit Viren hin

Wie bereits in unseren Artikeln „Morbus Alzheimer – wohl das Ergebnis einer Infektion / 05.05.20“  und „Irrweg der bisherigen Alzheimer-Forschung / 23.09.21″ thematisiert,  scheint Alzheimer mit Virus-Infektionen zusammenzuhängen. Denn in einer über einen Zeitraum von 15 Jahre durchgeführten Analyse von 800 000 Patientendaten aus finnischen und britischen Biodatenbanken, zeigte sich, dass bestimmte Viruserkrankungen  offen-sichtlich mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, vaskulärer Demenz, Amytropher Lateralsklerose oder auch Multipler Sklerose in Verbindung stehen 1. Als Kontrollegruppe dienten über 96 000 Personen europäischer Abstammung, die nicht an einer neurodegenerativen Erkrankung litten. Je nach Datenbank ließen sich 22 bzw. 45  verschiedenen Virusarten bestimmen, wovon 80 % dafür bekannt sind, ins Zentrale Nervensystem zu gelangen und Entzündungsreaktionen hervorzurufen  Was sich auch darin bestätigt, als Influenza-Viren das Immunsystem des Gehirns  schädigen können  2 oder z.B. Herpes-Simplex-Viren in Verbindung mit der Entstehung einer Demenz oder  Varicellen-Zoster-Viren in Verbindung zur Multiplen Sklerose und der vaskulären Demenz stehen 3. Dies unterstreicht einmal mehr die Sinnhaftigkeit der Empfehlung, sich gegen Grippe oder z.B. auch die Gürtelrose impfen zu lassen.

Referenzen  1 Levine KS, Leonard HL, Blauwendraat C et al. Virus exposure and neurodegenerative disease risk across national biobanks. Neuron. 2023; 111: 1- 8.  //  2  Hosseini S, Wilk E, Machaelsen-Preusse K et al. Long-term neuroinflammation induced by influence A virus infection and the impact on hippocampal neuron morphology and function. J Neurosci. 2018; 38(12): 3060-3080   //  3  Shim YS, Park M, Kim JY. Increased incidence of dementia following herpeswirus infection in the Korean population. Medicine (Baltimore). 2022; 101(41): e31116

RK 28.01.2023


Migräne – eine Sache kleinster Muskelfasern

Obwohl von Migräne weltweit über 1,1 Milliarden Menschen betroffen sind 1 und sie laut  „Global Burden of Disease Study 2019“  einen der vordersten Plätze bei denjenigen Erkrankungen belegt, die das Leben am meisten beeinträchtigen 2, wird sie häufig bagatellisiert und  wohl auch zu selten wirksam therapiert 3 . Dies dürfte vor allem an den anhaltenden  Diskussionen  zu den unterschiedlichsten Entstehungsursachen liegen 4, weshalb auch ein einhelliger Therapieansatz fehlt.

Dementsprechend ging auch im Jahre 2016 ein Studienergebnis  unter, nach dem es mit nur wenigen Anwendungen einer repetitiven peripheren Magnetstimulation (rPMS) gelungen war, via myofaszialer Triggerpunkte des Trapezmuskels, der vom Nacken bis zum Schulterblatt reicht,  eine signifikante Schmerzreduktion zu erreichen  5. Zumindest lenkte es die Aufmerksamkeit auf das Phänomen „myofaszialer Schmerzsyndrome“ (MSS), von denen schätzungsweise mehr als die Hälfte aller Orthopädie-Patienten betroffen sind 6 und die wohl bei der Entstehung von Arthrosen und Rückenschmerzen eine Schlüsselrolle spielen.  Als generelle Entstehungsursache eines MSS  sieht man minimalste Fehlhaltungen, welche zu Überlastungen und Überdehnungen kleinster Muskelfasern führen. Diese bewirken eine unterschwellige Dauerpolarisierung von Muskelfasern 7, wodurch der Körper einen „körpereigenen Notfallplan“ entwirft, mittels schmerzerzeugender  muskulärer Verhärtungen (taut bands)  und Kontrakturknoten (Triggerpoints), eine Entlastung dieser Muskeln zu erzwingen 8.

Die rPMS, welche die Induktion nach Faraday dazu nutzt, in motorischen Nerven völlig natürlicher Signale  entstehen zu lassen und damit die Befehlsgewalt über unsere Muskeln zu erlangen, hatte schon früher für erstauntes Schweigen in der Wissenschaftsgemeinde gesorgt. Denn in einer der ersten klinischen Studien, führte schon eine  einzige  Behandlung zu einer deutlichen Abnahme (57 %) der  muskulo-skeletalen Schmerzsituation 9.

So überrascht es nicht, wenn es mit nur 6 rPMS-Anwendungen innerhalb von zwei Wochen möglich war, den MIDAS-Score in Bezug auf den M. trapezius von 29 auf 13 Punkte bzw. des M. deltoideus von 31 auf 15 Punkte zu senken und damit auf einen völlig  neuen, erfolgsversprechenden Behandlungsansatz bei  Migräne hinzuweisen  10.  Erläuterung: Der  MIDAS (Migraine Disability Assessment Scale) bewertet den  Zusammenhang zwischen starker migränebedingter Belastung und einer damit verbundenen Inanspruchnahme von Gesundheitsressourcen und höheren Kosten für die Volkswirtschaft 11.  Dies entspricht auch dem Ergebnis einer Studie mit sehr jungen weiblichen Migräne-Patientinnen, von denen  44 % auf die rPMS förderlich reagierten und sich bei 29 % die Anfallshäufigkeit um über 75 % reduzierte. Dementsprechend drängten über 90 % der Patientinnen darauf, die Behandlung fortzusetzen  und diese neue Therapieform  unbedingt weiterempfehlen zu wollen 12.

Referenzen: 1  Amiri P, Kazeminasab S, Ejeadghaderie SA et al. Migraine: a review on its history, global epidemiology, risk factors, and comorbidities. Front Neurol. 2022. https://doi.org/10.3389/fneur.2021.800605  //  2 Steiner TJ, STovner LJ, Jensen R et al. Migraine remains second among the world’s causes of disability, and first among young women: findings from BGD 2019. J Headache Pain. 2020; 21(137): 1-4  //  3  Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG). World Brain Day am 22. Juli. 2019  //  4 Shibata Y. Migraine pathophysiology revisited: proposal of an new molecular theory of migraine pathophysiology and headach diagnostic criteria. Int J Mol Sci. 2022; 23: 13002  //  5  Sollmann N, Trepte-Freisleder F, Albers L et al. Magnetic stimulation of the upper trapezius muscles in patients with migraine – A pilot study. Eur J Paediatr Neurol. 2016; 20(6): 888-897  //  6 Fleckenstein J, Zaps D, Rüger LJ et al. Discrepancy between prevalence and perceived effectiveness of treatment methods in myofascial pain syndrome: results of a cross-sectional, nationwide survey. BMC Musculoskelet Disord.2010;11: 32  //  7 Beat de Jung. Muskuläre Gelenkschmerzen. Diagnostische und therapeutische Aspekte. Ars Medici 2010; 11: 444-447  //  8 Simons DG. Myofascial pain syndromes: where are we ? Where are we going ? Arch Phys Med Rehabil 1988; 69(3 Pt 1): 207-212  //  9  Oujol J, Pascual-Leone A, Dolz C et al. The effect of repetitive magnetic stimulation on localized musculoskeletal pain. Neuroreport. 1998; 9(8): 1745-1748  //  10  Renner T, Sollmann N, Heinen F et al. Alleviation of migraine symptoms by application of repetitive peripheral magnetic stimulation to myofascial trigger points of neck and shoulder muscles – A randomized trial. Sci Rep. 2020; 10(1): 5954  //  11  Stewart W, Lipton R, Dowson A, Sawyer J (2001): Development and testing of the Migraine Disability Assessment (MIDAS) Questionnaire to assess headache-related disability. Neurology. 2001; 56: 20–28  //  12  Staisch J, Börner C, Lang M et al Repetitive neuromuscular magnetic stimulation in children with headache. Eur J Paediatr Neurol . 2022;39: 40-48

RK 07.01.2023


Fifth annual Ending Age-Related Diseases conference, which will take place virtually on August 11-14, 2022

https://www.lifespan.io/

Day 1: Fundamental Research on Aging
Day 2: Biomarkers of Aging
Day 3: Translational Research / Rejuvenation Biotechnologies
Day 4: Investment, Crypto, and Regulation.

All content is available for on-demand viewing as presentations happen

RK 24.06.2022


Niacin verbessert überraschenderweise  M. Alzheimer- und M. Parkinson-Symptome

Gliazellen, welche den Raum zwischen den Nervenzellen des Gehirns und den Blutgefäßen besetzen, erfüllen – neben ihrer neuronalen Stütz- und Ernährungsfunktion – mit ihrer Unterspezies der Mikroglia  auch wichtige immunologische Aufgaben. Mikroglia sind ortsständige Makrophagen (Fresszellen), die durch ihr fast „amöbenhaftes“ Verformungs-potential kontinuierlich die Hirnzellen scannen und so die Homöostase des ZNS aufrecht erhalten 1´, indem sie aufmerksam – und in ständiger Bereitschaft –  den Zustand des Gehirns kontrollieren 2. Auch nehmen sie durch gleichzeitige Bildung von BDNF (brain-derived neurotrophic factor)  z.B.  Einfluss auf die synaptische Aktivität und Vernetzung des Gehirns 3. Aktiviert werden sie durch eingedrungene Mikroorganismen oder auch Verletzungen und setzen danach ROS und Entzündungsmediatoren frei 4 .

Mikroglia werden offensichtlich auch durch Amyloid-Plaques bei M. Alzheimer angelockt, wobei sie die Plaques richtiggehend umzingeln und im Idealfall Stück für Stück zerlegen 5. Im Tierversuch ließ sich nun nachweisen, dass Niacin die Reaktion der Mikroglia moduliert, indem es mit hochselektiven Rezeptoren (HCAR2) von Immunzellen.interagiert. Erhielten die Alzheimer-Mäuse also das Nahrungsergänzungsmittel Niacin, reduzierten sich daraufhin ihre Plaques und verbesserte sich auch ihre Wahrnehmung 6.

Schon in früheren epidemiologischen Studien war das Anti-Demenz-Potential von Niacin aufgefallen. Enthält nämlich die tägliche Nahrung vermehrt Niacin, besteht  auch ein geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken 7,8,9.

Das Potential von Niacin geht allerdings weit über die Alzheimererkrankung hinaus. Als z.B. 2014 ein an Morbus Parkinson erkrankter Patient aufgrund einer Fettstoffwechselstörung Niacin als lipidsenkendes Medikament eingenommen hatte (250 mg), kam es zu einer überraschenden Verbesserung seiner motorischen und körperlichen Funktionen 10.

Referenzen 1 Nimmerjahn A, Kirchhoff F, Helmchen F. Resting microglial cells are highly dynlamic surveillants of brain parenchyma in vivo. Science. 2005; 308(5726). 1314-1318  // 2  Nimmerjahn A, Kirchhoff F, Helmchen F. Resting microglial cells are highly dynamic surveillants of brain parenchyma in vivo. Science. 2004 308(5726): 1314-1318  //   3  Latz E, Kummer MP, Heneka MT. Innate immune activation in neurodegenerative disease. Nat Rev Immunol. 2014; 14(7): 463-477  //  4 Grune T, Stein K. Neurodegeneration und Alterungsprozess. In: Haller D, Rimbach G, Grune T (Hrsg.) Biofunktionalität der Lebensmittelinhaltsstoffe. Springer Berlin Heidelberg. 2013: 145-159  //   5  Parhizkar S, Arzberger T, Brendel M et al. Loss of TREM2 function increases amyloid seeding but reduces plaque-associated ApoE. Nat Neurosci 22, 191–204 (2019)  // 6  Moutinho M; Puntambekar SS, Tsai AP et al. The niacin receptor HCAR2 modulates microglial response and limits progression in a mouse model of Alzheimer’s disease. Sci Translat Med. 2022; 14(637). DOI: 10.1126/scitranslmed.ab17634  //  7 Morris MC, Evans DA, Bienias JL et al. Dietary niacin and the risk of incident Alzheimer’s disease and cognitive decline. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2004; 75: 1093-1099  //  8  Chen J, Chopp J. Niacin, an old drug, has new effects on central nervous system disease. Open Drug Disc J. 2010; 2: 181-186  //  9 Daviglus ML, Plassman BL, Pirzada A et al. Risk factors and preventive interventions for Alzheimer disease. Arch Neurol. 2011; 68(9): 1185-1190  //  10 Wakade  C, Chong R, Bradley E et al. Low-dose niacin supplementation modulates GPF109A, niacin index and ameliorates Parkinson’s disease symptoms without side effects. Clin Case Rep. 2015; 3(7): 635-637

RK 08.04.2022


Japanischer Werbe-Gag zu „10 000 Schritten“ nutzt nur jüngeren Personen

Auf welch schwammigen Grundlagen bisweilen eine scheinbar sichere wissenschaftliche Erkenntnis basiert, ist schon erstaunlich. Beispielhaft hierfür steht die 10 000-Schritte-Mantra, mit täglich 10 000 Schritten gesund zu altern. Denn dahinter steht ein offensichtlicher Marketing-Gag, mit dem die japanische Firma Yamasa vor 60 Jahren (1962) ihren ersten Schrittzähler namens Manpo-kei (wörtlich übersetzt „10 000-Schritte/Meter“) beworben hat 1. Zwar hat sich diese Regel, sich mehr zu bewegen, als durchaus sinnvoll und auch richtig erwiesen. So zeigte sich, dass die Sterberate (Beobachtungszeitraum 4,3 Jahre) älterer Frauen (Ø 72 Jahre), die täglich etwa 4 400 Schritte absolvierten – verglichen mit Personen, die  nur 2 700 Schritte schafften –  signifikant und sogar „Schritt für Schritt“ bis  zu maximal 7 500 Schritten weiter senkte. Mit darüber hinausgehenden Schritten war allerdings keine weitere Steigerung der Lebenserwartung zu erreichen 2 

In einer aktuellen Metaanalyse (15 Studien) wurde  dies nun halbwegs bestätigt und auch präzisiert . Demnach reduziert sich das Risiko für einen vorzeitigen Tod bei über 60-Jährigen  bei 6 000 – 8 000 Schritten täglich,  d.h. mehr Schritte scheinen für die Langlebigkeit ohne Nutzen zu sein . Bei jüngeren, also unter 60 Jahre alten Personen, stabilisierte sich allerdings das Risiko bei etwa 8 000 – 10 000 Schritten 3.

Referenzen: 1 Dirscherl HC. Fitness-Tracker: 10 000 Schritte sind ein Marketing-Gag. Spiegel-Online. 30.07.2019  //  2 Lee IM, Shroma EJ, Kamada M et al. Association of step volume and intensity with all-cause mortality in older women. JAMA Intern Med. 2019; 179(8): 1105-1112  //  3 Paluch AE, Bajpai S, Bassett DR et al. Daily steps and all-cause mortality: a meta-analysis of 15 international cohorts. Lancet Pub Health. 2022; 7(3): e219

RK 16.03.2022


Mitochondriale Rejuvenation / Verringerung des altersbedingten Muskelschwunds

Bekanntlich macht die Alterung auch nicht vor unseren Mitochondrien halt. Dies um so mehr, als die mitochondriale DNA – anders als die DNA des Zellkerns – keinen besonderen  Schutz  vor  oxidativen Schäden besitzt 1. Zwar werden schwer geschädigte Mitochondrien  durch Selbstzerstörung (Mitoptose / Mitophagie) eliminiert 2. Allerdings teilt sich weniger beschädigte mitochondriale DNA (mtDNA) kontinuierlich weiter und auch meist schneller als die DNA des „Wildtyps“, wodurch sie einen selektiven replikativen Vorteil erlangt 3. Damit akkumulieren aber immer mehr funktionslose Metachondrien, die – unerwünschterweise – vermehrt radikale Sauerstoff-Spezies (ROS)  erzeugen.

In einer aktuellen placebokontrollierten klinischen Studie zeigte sich nun, dass sich durch das Supplement Urolithin A, die für die zelluläre Rejuvenation so wichtige Mitophagie stimulieren lässt. Hierzu wurden 66 vorwiegend weibliche Probanden  (65 – 90 Jahre / Durchschnitt 72 Jahre) rekrutiert, die über einen Zeitraum von 4 Monaten täglich 1 000 mg Urolithin A erhielten. Im Ergebnis verbesserten sich die Biomarker mitochondrialer Gesundheit und kam es auch zu einer signifikanten Erhöhung der Ausdauerleistung, obwohl sich die  ATP-Produktion oder  die Gehleistung  nicht signifikant von der der Placebogruppe unterschieden. Dennoch schlussfolgern die Autoren, dass sich mit dem längerfristigen Gebrauch von Urolithin A der altersbedingte Muskelschwund verringern lässt 4 . Hierzu sei aber der Hinweis erlaubt, dass das Sponsering der Studie just durch den Schweizer  Urolithinhersteller Amazentis erfolgt.

Interessanterweise handelt es sich bei  Urolithin A um ein Stoffwechsel-Zwischenprodukt, welches durch die Einnahme von stark polyphenolhaltigen Lebensmitteln wie Granatapfel, Beerenfrüchten und Nüssen durch die Bakterien eines gesunden Darmmikrobioms gebildet wird. Wem das zu unsicher ist, der kann sich auch Supplementen bedienen, die aus teilweise hochreinem Urolithin A bestehen 5

Referenzen: 1 Wallace DC, Mitochondrial DNA in aging and disease. Sci Am. 1997; 277(2): 40-47   //  2 Skulachev VP. Mitochondrial physiology and pathology; concepts of programmed death of organelles, cells and organisms.  Mol Aspects Med. 1999; 20(3): 139-184 //  3  Taylor D, Zeyl C, Cooke E. Conflicting levels of selection in the accumulation of mitochondrial defects in Saccharomyces cerevisiae. PNAS. 2002; 99(6): 3690-3694  //  4 Liu S, D’Amigo D, Shankland E et al. Effect of Urolithin A supplementation on muscle endurance and mitochondrial health in older adults. JAMA Network Open. 2022; 5(1): e2144279  //  5 Bsp. Mitopure® von Timline Cellular Nutrition

RK 23.02.2022


Antibiotika im Kleinkindalter verändern die Gehirnentwicklung

Inwieweit die Gabe von  Antibiotika in der frühen Kindheit oder einfach nur die Zusammensetzung des Darmmikrobioms, das Risiko für die Entstehung eines Autismus erhöht, wird weiterhin kontrovers diskutiert 1,2,3. Wenn man allerdings die Ergebnisse einer aktuellen Tierstudie zugrundelegt, scheint mit Penicillin, einem der am häufigsten bei Kindern  eingesetzten Antibiotikum, tatsächlich die Hirnentwicklung Schaden zu nehmen 4.  Hierzu wurden Mäuse noch vor der Geburt oder kurz danach mit winzigen Dosen Penicillin konfrontiert,  während eine andere Gruppe ohne Medikamente blieb. Nach 10 – 15 Tagen stellte sich ausschließlich in der Penicillingruppe heraus, dass sich im frontalen Cortex  und der Amygdala, also den Gehirnteilen, die für die Entwicklung von Emotionen und dem Gedächtnis wichtig sind, die Genexpression verändert hatte. Die  Genexpression drückt ja bekanntlich aus, welche Teile der genetischen Information zur Ausprägung (Phänotyp) kommen. Man leitet daraus ab, dass mit einem  frühen Einsatz von Antibiotika neurologische Störungen wie Autismus, ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder auch einer Lernschwächen entstehen könnten. Es dürfte deshalb viel dafür  sprechen, Antibiotika bei Kleinkindern nur im Notfall einzusetzen.

Referenzen: 1 Niehus R, Lord C. Early medical history of children with autism spectrum disorders. J Dev Behav Pediatr. 2006; 27: S120–S127  //  2 Atladóttir HO, Henriksen TB, Schendel DE, Parner ET. Autism after infection, febrile episodes, and antibiotic use during pregnancy: an exploratory study. Pediatrics. 2012; 130: e1447–e1454  //  3 Li A, Han Y, Dy ABC, Hagerman RJ. The gut microbiota and autism spectrum disorders. Front Cell Neurosci. 2017; https://doi.org/10.3389/fncel.2017.00120  //  4  Volkova A, Ruggles K, Schulfer A et al. Effects of early-life penicillin exposure on the gut microbiome and frontal cortex and amygdale gene expression. iScience; 2021; 102797 DOI: 10.101´6/j.isci.2021.102797

RK 28.12.21


„Weisheit“ erhöht Widerstandskraft und geistiges Wohlbefinden

Weisheit gilt gemeinhin als Klugheit, die auf tiefer Lebenserfahrung beruht. Sie ist damit weniger Intelligenz als  eine innere Reife, welche auch ein Einfühlungsvermögen in die Natur, das Leben und die Gesellschaft umfasst 1 . In einer aktuellen Studie kommen nun US-Forscher zum Ergebnis, dass Weisheit aus nur sieben persönlichen Eigenschaften abgeleitet werden kann 2. Was von einiger Bedeutung ist, nachdem Weisheit erhöhtes Wohlbefinden verspricht.

Hierzu  speckten sie einen bisher in klinischen Studien verwendeten 28-Punkte-Fragebogen (SD-WISE-28)  ab  und  konfrontierten 2 093 Freiwillige  im Alter zwischen 20 und 82 Jahren über die Online-Crowdsourcing-Plattform „Amazon Mechanical Turk“ (MTurk 3) mit Fragen zur (1) Selbstreflexion, (2) prosozialem Verhalten (Altruismus, Empathie) , (3) zur Emotionsregulation, (4) Akzeptanz abweichender Meinungen bzw. Perspektiven, (5) Entscheidungsfreudigkeit bzw. Entschlossenheit, (6) sozialen Beratung (Erteilung hilfreicher Ratschläge), aber auch zur (7) Spiritualität. Diese Eigenschaften mussten dabei auf einer Skala  von 1 – 5 (stark ablehnend bis stark zustimmend) bewertet werden.

Will man das Ergebnis werten, lässt eine positive Wahrheitsskala zur Weisheit die eigene Widerstandsfähigkeit,  das geistige Wohlbefinden und einfach nur ein Gefühl von Glück erwarten, während ein negatives Ergebnis mit Gefühlen wie Einsamkeit, Depression und Angst einherzugehen scheint.

Referenzen:  1 Walsh R, Reams J. Studies of wisdom: a spezial issue of integral review. Integr Rev. 2015; 11(2):1-6  // 2  Thomas ML, Palmer Bw, Lee EE et al. Abbreviated San Diego Wisdom Scale (SD-WISE-7) and Jeste-Thomas Wisdom Index (JTWI). Int Psychogeriatr. 2021; 1 – 10.  DOI:10.1017/S1041610221002684  //  3  https://www.mturk.com/

RK 13.12.2021


Irrweg der bisherigen Alzheimer-Forschung

Wie bereits unter der Rubrik „Aktuelles“ zum Themenkomplex Morbus Alzheimer  beschrieben, kann die bisherige Fokussierung  einer auf das Beta-Amyloid gerichteten Therapie nur als ein einziges  Desaster bezeichnet werden 1. Was eigentlich nicht weiter überrascht, nachdem man Amyloid ß-Proteine (Aß) als Teil der angeborenen Immunabwehr betrachten kann 2. So gleicht Aß einer Gruppe von Molekülen, die als „antimikrobielle Peptide (AMPs)“, ein breites antibiotisches Spektrum gegen gram-negative und gram-positive Bakterien, Mykobakterien, umhüllte Viren, Pilze, Protozoen und in bestimmten Fällen auch gegen Krebszellen zu bieten haben. AMPs entsprechen damit potenten Immunmodulatoren, deren Aufgabe es ist, die Ausschüttung von Cytokinen und der adaptiven Immunantwort zu fördern 3.

So zeigte sich in einer aktuellen Studie, dass Amyloid-Plaques nicht die Ursache von Alzheimer sind, sondern letztendlich die Konsequenz 4. Hierzu führten die Studienautoren Hirn-Scans durch und untersuchten die spinale Flüssigkeit von 600 Probanden, bei denen die Akkumulation von Aß nachzuweisen war . Zu ihrem Erstauen stellten sie fest, dass diejenigen, die den höchsten Aß-Level nachwiesen,  kognitiv völlig normal waren. Dabei war auch ein höheres Vorkommen an löslichem Beta-Amyloid auch mit einem größeren Hippocampus verbunden, also dem Hirnareal, das für das Gedächtnis am wichtigsten ist. Dementsprechend sind zwar bei 60 % aller 85-Jährigen Beta-Amyloid-Plaques nachzuweisen – aber nur 10 % von ihnen entwickeln auch eine Demenz. Was wiederum bedeutet, dass jegliches Bemühen, Beta-Amyloid-Plaques therapeutisch zu beseitigen, ein Nonsens ist.

Referenzen: 1 https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Neue-Impulse-fuer-die-Alzheimerforschung-dringend-noetig-406689.html   // 2 Soscia SJ, Kirby JE, Washicosky KJ et al. The Alzeimer’s disease-associated amyloid beta-protein is an antimicrobial peptide. PLoS One. 2010; 5(3): e9505  //  3  Zaiou M.  Multifunctional antimicrobial peptides: therapeutic targets in several human diseases. J Mol Med. 2007; 85(4): 317–329  //  4  Sturchio A, Dwivedi AK, Young CB et al. High cerebrospinal amyloid-ß 42 is associated with normal cognition in individuals with brain amyloidosis. EClin Med. 2021; 100988 DOI: 10.1016/j.eclinm.2021.100988

RK 23.09.2021


Spezielles Atem-Workout senkt Bluthochdruck

In Deutschland leidet fast jeder dritte Erwachsene an einem ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck (Hypertonie). Bei den über 65-Jährigen sollen  es sogar zwei Drittel sein  1.  Was insoweit fatal ist, nachdem Hypertonie als der  wichtigste Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen und als die häufigste Todesursache bei Erwachsenen  gilt. Die gute Nachricht: Mit  regelmäßigem  Ausdauertraining können Hypertoniker sowohl ihren systolischen als auch diastolischen Blutdruck senken  und dies nahezu vergleichbar mit einer medikamentösen Therapie 2

Nun lässt eine Studie aufhorchen, nach der ein lediglich  5-minütiges Atem-Workout genauso wirksam sein kann wie ein beschwerliches Ausdauertraining 3. Hierzu wurden 36 (ansonsten gesunde) Hypertoniker zwischen 50 – 70 Jahren rekrutiert, die entweder ein „High-Resistance IMST“ oder eine vergleichbare Placeboübung über 6 Wochen  zu absolvieren hatten. Bei dem IMST (Inspiratory Muscle Strength Training)  handelt es sich um ein kleines, handliches und kostengünstiges Gerät, mit dem gegen einen Widerstand eingeatmet werden muss („ Krafttraining für die Atemmuskulatur“). Ergebnis: Nach 6 Wochen sank der Blutdruck in der IMST-Gruppe mit durchschnittlich 9 mmHG genauso stark, wie  durch ein tägliches Ausdauertraining oder einigen Bluthochdruckmedikamenten zu erreichen ist. Dabei hielt das erzielte Ergebnis auch noch 6 Wochen nach Trainingsende an. Auch war  das für die Blutgefäßerweiterung essentielle Stickstoff-Monoxid (NO) signifikant erhöht, hatte sich die Endothelfunktion der Blutgefäße um 45 % verbessert und waren die  Marker  für Entzündungsgeschehen und oxidativen Stress abgesunken.

Verglichen mit einem mühsamen und zeitintensiven Ausdauertraining, das idealerweise täglich (5 x wöchentlich) über 30 Minuten (z.B. drei Phasen à 10 Minuten) durchzuführen ist 4, scheint dies einer fast mühelosen nicht-medikamentösen und nebenwirkungsfreien Therapie des Bluthochdrucks sehr nahe zu kommen. Aber vielleicht sollte man noch abwarten, bis die Ergebnisse einer von der NIH (National Institute of Health) gesponserten Follow-up-Studie, welche eine 12-wöchige IMST mit eine Ausdauertraining vergleichen soll, zur Verfügung stehen.

Referenzen: 1 Neuhauser H, Kuhnert R, Born S. 12-Monats-Prävalenz von Bluthochdruck in Deutuschland. J Health Monit. 2017; 2(1). Robert-Koch-Institut  //  2  Ketelhut RG. Körperliche Aktivität zur Behandlung des arteriellen Hochdrucks. Dtsch Artzebl 2004: 101(50): A-3426 /B-2896 / C-2744 //  3 Craighead DH, Heinbockel TC, Freeberg KA et al. Time‐Efficient Inspiratory Muscle Strength Training Lowers Blood Pressure and Improves Endothelial Function, NO Bioavailability, and Oxidative Stress in Midlife/Older Adults With Above‐Normal Blood Pressure. Journal of the American Heart Association, 2021; DOI: 10.1161/JAHA.121.020980  //  4 Zaleski A.  Exercise for the prevention and treatment of hypertension – implications and application. Am College Sports Med (ACSM). Feb 27. 2019

RK 05.07.2021


Intervallfasten verbessert Neurogenese und Gedächtnis durch „Schicksals-Gen“ Klotho

Laut griechischer Mythologie unterliegt jedes Lebewesen einem zugeteilten Schicksal (Moira), welches darüber entscheidet, ob unser Leben glücklich, zufrieden, mühselig  oder unheilvoll verläuft. Eine der drei verantwortlichen Moiren spinnt dabei unseren Lebensfaden (Klotho), den Lachesis in seiner Länge bemisst und schließlich Atropos jäh durchtrennt, also über Art und Weise unseres Todes bestimmt.

In der Biologie steht Klotho aber auch für ein gleichnamiges Gen, dessen Überexpression ein langes Leben verspricht 1 oder für 3 – 6 % der menschlichen Intelligenz verantwortlich zeichnet 2. So verwundert es nicht, wenn der Klothokonzentration bei M. Alzheimer und auch Älteren unter dem von  gesunden  bzw. jüngeren Personen liegt 3.  In einer aktuellen Studie zeigte sich nun, dass Intervallfasten (IF), jedoch keine normale dietätische Kalorienrestriktion, die Aktivität des Klotho-Gens erhöht und damit das Langzeitgedächtnis signifikant verbessert, indem die Neurogenese (Neubildung von Nervenzellen aus Stammzellen) angetrieben wird 4. Wem Intervallfasten jedoch zu dröge ist, braucht eigentlich nur mehr Sport zu betreiben. Denn schon eine einzelne intensive Trainingssession kann Klothoproteine in die Höhe schnellen lassen 5.

Referenzen 1 Amaro-Gahete FJ, De-la-O A,  Jurado-Fasoli L et al. Role of exercise on S-Klotho protein regulation: a systematic review. Curr Aging Sci. 2018; 11(2):100-107    //  2  Dubai DB, Yokoyama JS, Zhu L et al. Life extension factor enhances cognition. Cell Rep. 2014, 7(4): 1065-1076  //  3 Semba RD, Moghekar AR, Hu J et al. Klotho in the cerebrospinal fluid of adults with and without Alzheimer’s disease. Neurosci Lett. 2014; 558: 37-40   //  4 Pereira Dias G, Murphy T, Stangl D et al. Intermittent fasting enhances long-term memory consolidation, adult hippocamal neurogenesis, and expression of longevity gene Klothl. Mol Psychatr. 2021; DOI: 10.1038/s41380-021-01102-4  //  5  Ayin KG, Coen PM, Huang W et al. Skeletal muscle as a regulator of the longevity protein, Klotho. Front Physiol. 2014; doi.org/10.3389/fphys.2014.00189

RK 04.06.21


Die Farbe Pink erhöht die Ausdauerleistung frappant

Bekanntlich verbessert sich die Ausdauerleistung eines Sportlers schon dann, wenn er ein kalorienreiches Getränk im Mund nur spült, also nicht schluckt 1,2. In einer aktuellen Studie wurde nun untersucht, inwieweit sich dieser Placeboeffekt mit einem Getränk wiederholen lässt, wenn dieses allein nur eine andere Farbe hat 2 . Hierzu mussten zwei verschiedene Studiengruppen  ihren Mund entweder mit einem kalorienarmen, pinkfarbenen oder mit einem kalorienidentischen, jedoch farblosen  Getränk spülen, während sie einen Tretmühlen-Test über 30 Minuten zu absolvieren hatten. Die Farbe Pink  wurde deshalb gewählt, weil man dies mit der Erwartung assoziiert, Süße bzw. Zucker zuzuführen. Das überraschende Ergebnis: Die Studiengruppe Pink lief 213 Meter (+/- 247 Meter) weiter, indem sie ihre Geschwindigkeit im Tretühlentest um 4, 4 % (+/- 5,5 %)  erhöhte. Auch gaben die Teilnehmer dieser Gruppe an, dass sie am Laufen mehr Vergnügen hatten als die Gruppe, die sich mit „farblos“ begnügen musste  . Wenn man nun bedenkt, dass eine solche Leistungssteigerung zwischen Olympiasieg oder „ferner liefen“ entscheiden kann, ahnt man, welches Potential in diesem einfachen „Kniff“  zu stecken scheint.

Referenzen: 1 Rollo I, Williams C, Gant N, Nute M. The influence of carbohydrate mouth rinse on self-selected speeds during a 30-min treadmill run. Int J Sport Nutr Exerc Metab. 2008; 18: 585–600  // 2 Pomportes L, Brisswalter J. Carbohydrate mouth rinse effects on physical and cognitive performance: benefits and limitations in sports. Sci Sport. (2020) 35:200–206  //  3   Daniel R. Brown, Francesca Cappozzo, Dakota De Roeck, Mohammed Gulrez Zariwala, Sanjoy K. Deb. Mouth Rinsing With a Pink Non-caloric, Artificially-Sweetened Solution Improves Self-Paced Running Performance and Feelings of Pleasure in Habitually Active Individuals. Front Nutr. 2021; 8 DOI: 10.3389/fnut.2021.678105

RK 17.05.2021


Lebensverlängerung trotz den Risiken einer eiweißreichen Kost

Methionin ist eine essentielle Aminosäure, die nicht nur als Eiweißbaustein dient, sondern auch an der Bildung von Neurotransmittern und Hormonen beteiligt ist. Inzwischen weiß man aber auch, dass sich unter einer eiweißarmen und insbesondere methioninarmen Ernährung die Blutzuckerwerte verbessern und – zumindest im Tierversuch –  auch das Leben verlängern kann 1,2,  was nahelegt, vermehrt auf eiweißhaltige Lebensmittel zu verzichten.

In diese Abwägung, sich mit einer Ernährungsumstellung zu kasteien oder eben das zu essen, was einem schmeckt, platzt nun eine Studie, die Rettung für diesen Zwiespalt verspricht. Denn erhielten Mäuse zu ihrer fett- und aminosäurenreichen Diät auch noch zusätzlich Selen, kam es – im Vergleich zu einer Kontrollgruppe  – zu keiner Fettakkumulation bzw. Gewichtszunahme und entsprach in etwa der Situation in einer weiteren Kontrollgruppe, die methioninarm gefüttert worden war 4. Die Autoren kommen damit zum Ergebnis, dass es mit Selen gelingen kann, eine ernährungsbedingte Fettleibigkeit zu verhindern und auch lebensverlängernd wirksam zu sein.

Referenzen  1  Ables GP, Perrone CE, Orentreich D, Orentreich N. Methionine-restricted C57BL/6J mice are resistent to diet-induced obesity and insuline resistance but have low bone denisty. PLOS One. 2012; e5357  //  2 Castano-Martinenez T, Schumacher F, Schumacher S et al. Methionine restriction prevents onset of type 2 diabetes in NZO mice. FASEB J. 2019; 33(6): 7092-7102  //  3  Olsen T, Ovrebo B, Haj-Yasein N et al. Effects of dietary methionine and cysteine restriction on plasma biomarkers, serum fibroblast growth factor 21, and adipose tissue gene expression in women with overweight or obesity. A doubleb-blind randomized controlled pilot study. J Transl Med. 2020; 18(1): 122  //  4  Plummer JD, Postnikoff SDL, Tyler JK et al. Selenium supplementation inhibits IGF-signaling and confers methionine restriction-like healthspan benefits to mice. eLife. 2021; 10 DOI: 10.7554/eLife.62483

RK 13.04.2021


Paradox: Intervallfasten fördert viszeralen Fettanbau

Übergewicht und hier vor allem das viszerale Bauchfett, beeinträchtigen nicht nur das körperlich-ästhetische Selbstbewusstsein, sondern gelten auch als ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, Typ-2-Diabetes und auch Krebs 1. Intervallfasten (IF) verspricht hier Reduktionseffekte, die weit über eine reine Gewichtsabnahme hinausgehen. Aus Tierversuchen lässt sich ableiten, dass es die Insulinsensitivität verbessert  2 , aber auch die Zunahme günstiger Ketonkörpern (Beta-Hydroxy-Butyrat) zur Folge hat, was wiederum Entzündungsgeschehen, oxidativen Stress, tumoröse Entwicklungen und den Alterungsvorgang bremst 3. Hier ist insbesondere auch eine Verbesserung der Autophagie zu nennen, also dem  wichtigen körpereigenen Entsorgungssystem, geschädigte Zellen bzw. Zellmüll  zu entfernen, was im Tiermodell einer Lebensverlängerung entspricht  4.

Während gesunde Zellen beim Fasten in einen Energiesparmodus wechseln, der sie zu einer veränderten Genexpression zwingt, bleibt  Krebszellen dies verwehrt. Im Bemühen, selbst beim IF eine kurzfristige Hungerperiode zu kompensieren, kurbeln Krebszellen stattdessen ihre Aktivität nur noch stärker an. Weil sie aber nicht in der Lage sind, ihre Genaktivität umzustellen, zwingen sie sich letztendlich einen zellulären Selbstmord auf 5. Auch neurologische Erkrankungen wie M. Alzheimer,  M. Parkinson, die Rehabilitation nach Schlaganfall und selbst die allgemeine kognitive Performance sprechen auf diese Art des Fastens an 6.

So wichtig die gesundheitlichen Aspekte des IF für den Körper sind, so irritierend sind nun neuere Erkenntnisse, dass sich der viszerale Fettabbau (Lipolyse) dem nicht nur hartnäckig widersetzt, sondern die Synthese von Fettsäuren sogar noch hochgefahren wird – also völlig anders, als wie man es z.B. beim abdominellen Unterhautfettgewebe beobachten kann 7.

Zwar wird nun gerätselt, warum denn viszeralem Bauchfett mit dieser Diätform nicht beizukommen ist. Nur  könnte mit der „Selfish-Brain-Theorie“ schon längst eine plausible Antwort zur Verfügung stehen 8. Der Schlüssel scheint nämlich ein knallharter Egoismus des Gehirns zu sein. Denn schon bei einem minimalen Absinken der ATP-Konzentration in den Nervenzellen,  leitet diese zentrale Instanz des Energiestoffwechsels alles in die Wege,  um möglichst viel Glukose in seine Richtung umzuleiten („Brain-Pull“). Hierzu wird die Insulinsekretion gedrosselt, womit gleichzeitig die Arbeit des Glukosetransporters GLUT-4 verhindert wird. Nachdem aber nur Muskel- und Fettgewebe einen GLUT-4-Transporter benötigen, während das  Gehirn keines Insulins bedarf, wird damit die Energieversorgung des Gehirns wirkungsvoll gesichert.

Unglücklicherweise lässt sich aber  ATP kaum speichern. Und weil nun im Falle eines Intervallfastens der Grundstoff Glukose nur für begrenzte Zeit zur Verfügung steht, kann es zu einer Mobilisierung  freier Fettsäuren aus dem viszeralen Bauchfett kommen, die via Leber zu verwertbaren Ketonen umgewandelt werden. Steht danach aber wieder ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung, kommt es in einer Art „Sicherungsverhalten“ zu einem verstärkten und überschießenden viszeralen Fettanbau 8.

So muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er gewillt ist, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Referenzen: 1  Hayes AJ, Lung TW, Bauman A, Howard K. Modelling obesity trends in Australia: unravelling the past and predicting the future. Int J Obes. 2017; 41: 178-185  // 2 Welton S, Minty R, O’Driscoll T et al. Intermittent fasting and weight loss: Systematic review. Can Fam Physician. 2020;66(2):117-125   // 3 Puchalska P, Crawford PA. Multi-dimensional Roles of Ketone Bodies in Fuel Metabolism, Signaling, and Therapeutics. Cell Metab. 2017;25(2): 262-284  //  4   Hansen M, Rubinsztein DC, Walker DW. Autophagy as a promoter of longevity: insights from model organisms. [Erratum in: Nat Rev Mol Cell Biol. 2018]. Nat Rev Mol Cell Biol. 2018;19(9):579-593 // 5 Lee C, Longo VD. Fasting vs dietary restriction in cellular protection and cancer treatment: form model organisms to patients. Review. Oncogene. 2011; 30:3305-3316   //  6  Mathew C, Phillips L. Fasting as a therapy in heurogical disease. Nutrients. 2019; 11(10): 2501  //   7 Harney DJ, Cielesh M, Chu R et al. Proteomics analysis of adipose depots after intermittent fasting reveals visceral fat preservation mechanisms. Cell Rep. 2021; 34(9): 108804  // 8  Peters A, Schweiger U, Pellerin L et al. The selfish brain: competition for energy resources. Review. Neurosci Biohav Rev. 2004; 28(2): 143-180  //  8  Munhoz AC, Vilas Boas EA, Panveroski-Costa AC et al. Intermittent fasting for twelve weeks leads to increases in fat mass and hyperinuslinemia in young female wistar rats. Nutrients 2020, 12, 1029; doi:10.3390/nu12041029

RK 26.03.21


Warum nicht mal wieder mot(s)en

Altern ist erfahrungsgemäß mit dem progressiven Verlust der natürlichen metabolischen Homöostase gleichzusetzen. Dies hemmt nicht nur die organspezifische Gewebsfunktion und senkt die körperliche Leistungsfähigkeit 1, sondern ist gleichzeitig einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine Unzahl chronischer Erkrankungen 2. Ein wichtiger Schutz ist hier das mitochondriale Peptid MOTS-c, welches durch Bewegung und körperliches Training entsteht und das Potential besitzt, auf Myostatin hemmend einzuwirken. Myostatin wiederum gilt als ein Hauptregulatur des muskulären Wachstums. Wird es lahmgelegt, kommt es zu einer eindrucksvollen muskulären Hypertrophie 3   und bei einer Überproduktion zu muskulärer Atrophie 4,5. In einem aktuellen Tierversuch ließ sich nun zeigen, dass MOTS-c nicht nur das körperliche Leistungsvermögen und eine altersbedingte Insulinresistenz verbessert, sondern auch die mediane Lebenszeit verlängert 6. Was nahelegt, sich einfach zu mehr Bewegung zu zwingen, nachdem das Peptid MOTS-c derzeit nur für Forschungszwecke zur Verfügung steht 7.

Referenzen: 1 Lopez-Otin C, Blasco MA, Partridge L et al. The hallmarks of aging. Cell. 2013; 153:1194–1217 //  2  Kennedy, B.K. et al. Geroscience: linking aging to chronic disease. Cell. 2014 159:709–713  // 3  McPherron AC, Lawler AM, Lee SJ. Regulation of skeletal muscle mass in mice by an new TGF-beta superfamily member. Nature. 1997; 387(6628): 83-90  // 4 Zimmers TA, Davies MV, Koniaris LG et al. Induction of cahcexia in mice by systematically administered myostatin. Science. 2002;296(5572): 1486-1488)  //  5  Camporez JPG, Petersen MC, Abudukadier A et al.  Anti-myostatin antibody increases muscles mass and strength and improves insulin sensitivity in old mice. PNAS. 2016; 113(8): 2212-2217  //  6  Kumagai H, Coelho AR, Wan J et al. MOTS-c reduces myostatin and muscle atrophy signalling. Am J Physiol Endocrinol Metabol. 2021; Doi. 10.1152/ajpendo.00275.2020   //  7  https://www.peptidesciences.com/mots-c-5mg

RK 03.03.21


Denken bis es wehtut – und nicht umgekehrt

Schwierige Aufgaben zu lösen oder „sich den Kopf zu zerbrechen“, ist  bekanntlich keine Zustandsform, die Menschen als besonders erstrebenswert erachten. Folgt man einer aktuellen Studie, in der Probanden zwischen kognitiv anspruchsvollen Aufgaben oder thermischen Schmerzen wählen konnten, nahmen sie in einer Kosten-Nutzen-Abwägung eher die künstlichen Schmerzimpulse in Kauf, als sich mit der unangenehmen Denkaufgabe herumzuquälen 1 – wie man auch  schon in anderen Studien zeigen konnte 2,3.

Ein solches Vermeidungsverhalten hat aber vermutlich biologisch unerwünschte Folgen. Zwar führt forciertes Lernen, zumindest bei Mäusen,  die sich in einem neuen Käfig oder Labyrinth orientieren müssen,  zu vermehrten Doppelstrangbrüchen in der neuronalen DNA 4 . Nur  sind diese schon innerhalb 24 Studien wieder repariert, wobei  sich die neuronalen Verbindungen verstärken und neu verknüpfen – mit dem Ergebnis, danach besser denken zu können.  Also kein Plädoyer für emsiges Kreuzworträtsel-Raten, bei dem man gespeichertes Wissen nur hin und her verschiebt und auch kein Alibi für lernunwillige Schüler mit der Argumentation drohender neuronaler Schäden. Vielmehr der nützliche Hinweis, sich auf  Neues einzulassen, gerade weil das unangenehm beschwerlich ist. Denn nur so findet Entwicklung statt.

Referenzen: 1 Vogel TA, Savelson ZM, Otto AR, Roy M. Forced choices reveal a trade-off between cognitive effort and physical pain. eLife. Nov 17, 2020; 9: e59410 doi: 10.7554/eLIfe.59410  //  2 Székely M, Michael J. The Sense of Effort: a Cost-Benefit Theory of the Phenomenology of Mental Effort. Rev.Phil.Psych. 2020; https://doi.org/10.1007/s13164-020-00512-17  //  3  Kurzban R. The sence of effort. Curr Opin Psychol. 2016; 7: 67.70  //  4  Suberbielle E, Sanchez PE, Kravitz AV et al. Physiological brain activity causes DNA double strand breaks in neurons – exarbation by Amyloid-ß. Nat Neurosci. 2013 May ; 16(5): 613–621

RK 03.02.2021


Ein neues Anti-Aging-Hormon mit phänomenalem Leistungssteigerungspotential

Regelmäßige sportliche Betätigung erhöht bekanntlich nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern verlangsamt auch den Alterungsprozess. Wesentlichen Einfluss darauf nehmen über 600 (3 000)  unterschiedliche Myokine 1,2 , also hormonähnliche Botenstoffe, welche von  Muskelfasern während eines Trainings ausgeschüttet werden 3,4 und die unterschiedlichsten positiven Einflüssen auf den gesamten Organismus nehmen.  Nun sorgt ein weiteres „Trainingshormon“ für Aufregung, weil es hauptsächlich aus dem Genom unserer Mitochondrien und nicht aus dem Zellkern  stammt. Dieser MOTS-c genannte Stoff schnellt  nach einer Trainingssession um das fast 12-fache nach oben und ist im Serum noch bis zu 4 Stunden nachzuweisen 5. Werden nun ältere Mäuse, deren Lebenszeit schon beinahe abgelaufen ist,  mit konzentriertem MOTS-c behandelt, nimmt deren körperliche Leistungsfähigkeit erheblich zu. So verdoppelten sie z.B.  ihre Laufkapazität auf dem Laufband und  laufen weit jüngeren Mäusen einfach davon. Dies dürfte nicht nur in gewissen Sportlerkreisen für Interesse sorgen, obwohl die Wirkung natürlich nicht so einfach auf Menschen übertragbar ist.

Referenzen: 1 Piccirillo R. Exercise-induced myokines with therapeutic potential for muscle wasting. Front Physiol. 2019; 10: 287  //  2 Gorgens, S. W., Eckardt, K., Jensen, J., Drevon, C. A, and Eckel, J. (2015). Exercise and regulation of adipokine and myokine production. Prog. Mol. Biol. Transl. Sci. 2015; 135: 313–336  //  3 Pedersen BK, Febbraio MA. Muscle as an endocrine organ: focus on muscle-derived interleukin-6. Physiol. Rev. 2008; 88: 1379-1406  //  4 Leal LG, Lopes MA and Batista ML Jr. Physical Exercise-Induced Myokines and Muscle-Adipose Tissue Crosstalk: A Review of Current Knowledge and the Implications for Health and Metabolic Diseases. Front. Physiol. 2018; 9:1307 //  5 Reynolds JC, Lai RW, Woodhead JST et al. MOTS-c is an exercise-induced mitochondrial-encoded regulator  of age-dependent physical decline and muscle homeostasis. Nat Commun. 2021; 12(1): DOI: 10.1038/s41467-020-20790-0

RK 30.01.2021


Selbstregulation als Schlüssel zur Langlebigkeit

Nach all der Flut von Longevity-Empfehlungen und „revolutionärer“ Entwicklungen des Jahres 2020, welche in Aussicht stellen, das Leben bei guter Gesundheit entscheidend zu verlängern, ist es um so wichtiger, sich nochmals  auf das Grundsätzliche und das scheinbar längst Überholte zu besinnen. Hier ist besonders auf die Untersuchung des Mediziners und Psychopathologen Grossarth-Maticek hinzuweisen , der in der sog. Heidelberger Prospektiven Studie 1, seit 1964 (offiziell 1973) rund 35 000 Menschen mit einer Vielzahl an gesundheitsbeeinflussenden Variablen untersuchte. Hierzu wurden mehrere Gruppen gebildet:  In der ersten befanden sich Leute, die sich ausschließlich gesund ernährten. Die zweite Gruppe bestand aus Probanden, die gute erbliche Voraussetzungen besaßen und sich gesund ernährten, viel bewegten, eine gute gesellschaftliche / soziale Integration besaßen sowie sich auch regelmäßige Erholung gönnten. Die dritte Gruppe scherte sich um die genannten gesundheitlichen Positivfaktoren nur wenig, besaß aber – im Gegensatz zu den ersten beiden Gruppen – die Fähigkeit einer ausgeprägten Selbstregulation. Und die vierte Gruppe wies, außer einer guten Selbstregulation,  auch alle anderen genannten positiven Gesundheitsfaktoren auf.

Das Ergebnis nach 20 Jahren war verblüffend: Nur zwei Prozent in der Gruppe eins waren gesund geblieben und fühlten sich wohl. In der Gruppe zwei waren dies 19,4 Prozent. Die Gruppe drei mit den ausschließlich „Selbstregulierten“ kam immerhin  noch auf 18,4 Prozent. In der Gruppe vier, also denjenigen, welche alle Positivfaktoren (Ernährung, Sport, soziale Integration usw.) inklusive einer guten Selbstregulation besaßen, waren 86 Prozent gesund und munter 2.

Unter Selbstregulation ist hauptsächlich die persönliche Autonomie zu verstehen. Also die Entscheidung, jederzeit individuell geeignete Bedingungen für solche Reizkonstellationen in der sozialen und auch geistigen Kommunikation herzustellen, denen ein Zustand der bedürfniserzeugenden und -befriedigenden Reaktionen und Prozesse folgt 3. Oder in einfacheren Worten: Es geht einfach um eine Persönlichkeitsstruktur, die nur Bedingungen, Zustände oder Beziehungen erlaubt, die ihr gut tun – oder Bedingungen abbaut, die Unwohlsein auszulösen imstande sind. Damit ist keineswegs gemeint, sich beruflichen oder sozialen Bedingungen grundsätzlich zu entziehen. Vielmehr geht es darum, immer alternativen Handlungsentscheidungen in Betracht zu ziehen, die außerhalb einer Fremdbestimmung stehen.

Damit sind wir nicht mehr weit von den aktuellen Erkenntnissen zur Epigenetik entfernt. Ein genetischer Code wird nämlich nicht einfach nur  systematisch abgespult. Vielmehr werden Gene-  abhängig von äußeren Signalen – entweder gelesen oder nicht gelesen 4. So kann es durch epigenetische Einflüsse  zu einer veränderten Gen-Expression kommen, ohne dass sich die dahinter stehende DNA-Sequenz ändert 5 . Zwar wird der Einfluss psychosozialer Faktoren immer noch kontrovers diskutiert. Doch bestätigt sich in einer Reihe von Studien, dass äußere Stressoren die DNA-Methylierung erheblich tangieren 6 . Selbstautonomie und Selbstregulation wären demnach eines der wichtigsten Charakterprofile, um sich Gesundheit und Vigilanz möglichst lange zu erhalten.

Referenzen1 Grossarth-Maticek: Systemische Epidemiologie und präventive Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen -Strategien zur Aufrechterhaltung der Gesundheit. Walter de Gruyter, Berlin, 1999  //  2  Wo das Dogma beginnt, ist das Leben am Ende. brand eins. Wirtschaftsmagazin brand eins. Schwerpunkt Selbständigkeit. 04/2002  //  3 Grossarth-Maticek R. Autonomietraining: Gesundheit und Problemlösung durch Anregung der Selbstregulation. Walter de Gruyter Verlag. Berlin . New York. 2000  //  4  Maryyam S, Zavos P. How to change the body’s default electromagnetic field to cure physical ailments: a neuro-scientific, epi-genetic and quantum-physics based research. IM Immortalists Magazine. Jul-Aug. 2020; 7: 16-35  //  5  Hernando-Herraez I, Garcia-Perez R, Sharp AJ, Marques-Bonet T: DNA methylation: insights into human evolution. PLoS Genet 2015, 11 e1005661  //  6  Mulligan CJ. Insights from epigenetic studies on human health and evolution. Curr Opin Gen Develop. 2018, 53: 36–42

RK 02.01.2021


Publikation „Prophylaxe Beckenboden“

Online-view: https://rdcu.be/ccCKa

Kickmaier D, Hestmann D, Krapf R. Prophylaxe Beckenboden. J Urol Urogynäkol. AT. Dez 22, 2020; https://doi.org/10.1007/s41972-020-00127-1

RK 24.12.2020


ISRIB – Schnelle Umkehr eines altersbedingten Gedächtnisverlusts

Das erstaunliche Ergebnis einer  vor wenigen Tagen im Open-Access-Journal eLife  publizierten Studie hatte sich schon lange angekündigt  und elektrisiert nun nicht nur die Biologie und Altersmedizin, sondern natürlich auch die Anti-Aging-Szene. Denn quasi über Nacht bzw. mit nur drei Medikamentengaben ist es gelungen, mit diesem bereits 2013 entwickelten Enzymblocker (ISRIB), das Gedächtnis betagter Mäuse wieder auf jugendliche Werte anzuheben 1. Frühere Laborstudien haben überdies auch dessen Wirksamkeit  nach  Schädel-Hirn-Trauma (TBI) 2 oder der kognitiven Beeinträchtigung beim Down-Syndrom bewiesen 3. Auch scheint es einen lärmbedingten Hörverlust (Cochleäre Synaptopathie) zu verhindern 4, bei einem aggressiven Prostata-Ca zu wirken 5 und sogar die Kognition bei gesunden Tieren zu verbessern.

Dahinter steht die Erkenntnis, dass sich im Hippocampus, also dem wichtigen Ort der  Gedächtnisbildung, mit zunehmendem Alter die Aktivität der sog. „integrated stress response (ISR) erhöht. ISR ist die natürliche Antwort auf zellulären Stress, wie er  z.B. auch bei einer Virusinfektion oder einer Genmutation zu beobachten ist,  und die Proteinsynthesemaschinerie der Zelle daraufhin ausbremst. Das geschieht zwar in guter Absicht, denn schließlich handelt es sich um ein zelluläres Qualitätssicherungssystem. Nur kann das im Gehirn bzw. Hippocampus zu ernsten Problemen führen, da die Neuronen dadurch gehindert werden, ihrer normalen „Gedächtnisarbeit“ nachzugehen. Die schnelle Wirkung von ISRIB beweist auch, dass ein altersbedingter Gedächtnisverlust keineswegs- wie bisher angenommen –  auf einem ständigen Abbau von Nervenzellen basiert, sondern vielmehr auf einer Art reversibler physiologischer Blockade.

Bedenken zu ernsthaften Nebenwirkungen haben sich nicht bestätigt. Erklärt wird dies damit, dass es nur weniger ISRIB-Dosen bedarf, um eine chronische ISR-Aktivierung wieder umzukehren. Wer sich nun fragt, wo man denn ISRIB käuflich erwerben kann, mag enttäuscht sein. Denn schließlich handelt  es sich um ein noch nicht zugelassenes Medikament. Allerdings gibt es Arzneimittel, die zumindest bei Mäusen.  ähnliche ISR-Blocker-Qualitäten offenbaren.

Referenzen 1  Krukowski K, Nolan A, Frias ES et al. Small molecule cognitive enhancer reverses age-related memory decline in mice. eLife. 2020; 9 . doi: 10.7554/elinfe.62048  //  2 Chou A, Krukowski K, Jopson T et al. Inhibition of the integral stress response reverses cognitive deficits after traumatic brain injury. PNAS July 10, 2017; https://doi.org/10.1073/pas.1707661114  //  3 Zhu PJ, Khatiwada S, Cui Y et al. Activation of the ISR mediates the behavioural and neurophysiological abnormalities in Down syndrome: Science. 2019; 366 (6467): 843-849  //  4 Rouse SL, Matthews IR, Li J et al. Integrated stress response inhibition provides sex-dependent protection against noise-induced cochlear synaptopathy. Sci Re. 2020; 10: 18063.  https://doi.org/10.1038/s41598-020-75058-w  //  5  Conn CS, Kye Y, Xue L et al. Development of a stress response therapy targeting aggressive prostate cancer. Sci Translat Med. 2018; 10(439):  eaar2036

RK 09.12.2020


Schlafentzug und früher Tod

Obwohl Schlaf die neuronale Plastizität tangiert 1 und Schlafmangel krank, dumm und dick machen kann, bleibt er weiterhin ein Mysterium. So rätselt man schon seit langem,  warum Schlafentzug  bei Ratten innerhalb von  32 Tagen zum Tode führt 2. Denn trotz erhöhter Nahrungsaufnahme, Schwächezeichen und Läsionen an Schwänzen und Pfoten, war man nicht in der Lage, weitere Ursachen für den frühen Tod  zu finden  3. Verdächtigerweise scheint auch ein gestörter NREM-Schlaf (Tiefschlaf) zu pathologischen Veränderungen bis hin zu einer erhöhten Mortalität zu führen 4. Neuere Quellen sehen hingegen in einem ungestörten REM-Schlaf (Traumschlaf) ein natürliches Mittel, die Mortalität nicht ansteigen zu lassen 5.

Nun scheint eine aktuelle Studie an der Harvard University einen unerwarteten Lösungsansatz  zu liefern. Es stellte sich nämlich zumindest bei Fruchtfliegen heraus, dass eine Schlafdeprivation zu einer Anhäufung von ROS (Reactive Oxidative  Species) im Darm führt 6. Gelang es nun, diese dort durch geeignete Antioxidantien unschädlich zu machen, wurden die Fliegen genauso alt, wie ihre ausgeschlafenen Artgenossen. Damit bleibt es zwar weiterhin unklar, wie denn nun ROS im Darm für ein frühes Lebensende prädestinieren. Dass sich aber Darm und Schlaf wechselseitig beeinflussen, hat sich schon in Studien zu entzündlichen Darmerkrankungen gezeigt. Einerseits liefern die denen zugrundeliegenden pro-entzündlichen Cytokine (TNF, IL-1, IL-6) einen signifikanten Beitrag zur Verschärfung einer Schlaflosigkeit. Andererseits führt Schlafentzug zu einer Erhöhung dieser inflammatorischen Cytokine 7.

Nun hoffen die Studienautoren, dass sich daraus neue Therapien bei „selbstverschuldetem“ Schlafentzug entwickeln lassen. Denn in den USA schläft ein Drittel aller Erwachsenen weniger als die empfohlenen sieben Stunden am Tag 8. Was um so bedenklicher ist, als sich allein nur durch eine Woche Schlafmangel, die Aktivität von hunderten von Genen verändert 9

Referenzen 1 Walker MP, Stickgold R, Alsop D et al. Sleep-dependent motor memory plasticity in the human brain. Neuroscience. 2005; 133 (4): 911–917  //  2 Rechtschaffen A, Gilliland MA, Bergmann BM, Winter JB. Physiological correlation of prolonged sleep deprivation in rats. Science. 1983; 221(4606): 182-184  //  3  Everson CA, Bergmann BM, Rechtschaffen A. Sleep deprivation in the rat: III. Total sleep deprivation. Sleep. 1989; 12(1): 13-21  //  4 Rechtschaffen A, Bergmann BM, Everson CA et al. Sleep deprivation in the ra: X. Intergration and discusson of the findings. 1989; 12(1): 68-87  //  5  Leary EB, Watson KT, Anconi-Israel S et al. Association of rapid eye movement sleep with mortality in middle-aged and older adults. JAMA Neurol. 2020; 77(10):1-12  //  6  Vaccaro A, Dor YK, Nambara K et al. Sleep loss can cause death through accumulation of reactive oxygen species in the gut. Cell. 2020; 181(6): P1307-1328  //  7  Ali T, Choe J, Awab A et al. Sleep, immunity and inflammation in gastrointestinal disorders. World J Gastroenterol. 2013; 19(4(): 9231-9239  //  8 Short Sleep Duration Among US Adults. Data and Statistics. Centers for Diesase Control and Prevention.  CDC 24/7. Saving Lives, Protecting people. 2014  //  9  Möller-Levet CS, Archer SN, Bucca G et al. Effects of insufficient sleep on circadian rhythmicity. PNAS. 2013; 110(12): E1132-E1141

RK 30.10.2020


Liebeshormon Oxytocin zur Therapie einer Alzheimer-Demenz

Trotz intensiver Forschung bleibt die Alzheimer-Demenz weiterhin voller Rätsel. Zwar gibt es Hinweise, dass die damit verbundenen Beta-Amyloid-Ablagerungen die „synaptische Plastizität“ im Hippocampus (Lern- und Gedächtniszentrum des Gehirns), herunterfahren 1, also damit das Lernen erschweren.  Andererseits lassen sich im Hirngewebe vieler Verstorbener deutliche Amyloid-Ablagerungen nachweisen, ohne dass sich bei solchen Personen zu Lebzeiten irgendwelche dementiellen Symptome bemerkbar machen 2.

Nun sorgt eine aktuelle Studie (Tierversuch) zum Hormon Oxytocin für Aufsehen, nachdem es dort gelungen ist, die synaptische Plastizität bei Alzheimer wieder herzustellen 3. Dies hat eine immense Bedeutung, weil der Auf-, Umbau und die Erweiterung von synaptischen Nervenverbindungen für Lernen und Gedächtnis essentiell sind. Bisher gab es aber nur Hinweise, dass das „Kuschelhormon“ Oxytocin, welches die Bindung zwischen Mutter-Kind verstärkt, das Erinnerungsvermögen gesunder Personen nicht etwa verbessert, sondern verschlechtert 4.

Für die nicht gerade vom Erfolg gekrönte Alzheimerforschung, die man auch als ein einziges Desaster bezeichnen kann, eröffnet sich mit Oxytocin nun ein völlig neuer und erfolgsversprechender Therapieansatz.

Referenzen 1 Chen QS, GKagan BL, Hirakura Y et al. Impairment of hippocampal long-term 3potentiation by Alzheimer amyloid ß-peptides. J Neurosci Res. 2000; 69: 65-72  //   2 Jack Jr CR, Albert MS, Knopman DS et al. Introduction to the recommendations from the National Institute on Aging-Alzheimer’s Association Workgroups on Diagnostic Guidelines for Alzheimer’s disease. Alzheim Dement. 2011; 7: 257-362  //  3  Takashashi J, Yamada D, Ueta Y et al. Oxytocin reverses Aß-induced impairment of hippocampal synaptic plasticity in mice. Biochem Biophys Res Com. 2020; 258(2): 174  /  4 Heinrichs M, Meinlschmidt G, Wippich W et al. Selective amnesic effects of oxytocin on human memory. Physiol Behav. 2004; 83: 31-38

RK 23.10.2020


L-Arginin gegen Reizdarm & Konsorten

Nicht nur die Colitis ulcerosa oder  Morbus Crohn, sondern auch ein Reizdarm  1, zeichnen sich durch Entzündungen an der Darmschleimhaut aus. In einer aktuellen Studie kommt man nun zum Ergebnis, dass es wegen eines  Mangels der semi-essentiellen Aminosäure L-Arginin,  zu einer verstärkten Entzündung an der Darmschleimhaut kommt 2.

L-Arginin ist ein zentraler intestinaler Metabolit, welcher durch die Enzyme Arginase (Arg1)  und NOS2 zu Ornithin und Harnstoff umgewandelt wird. Ornithin ist ein Precursor (Vorläufer) für die Synthese von Polyaminen und Prolinen. Diese sind  z.B. an der Zellproliferation und Kollagen-Synthese beteiligt. Polyamine werden aber nicht nur durch Säugetierzellen synthetisiert,  sondern auch durch Mikroorganismen. Einige Bakterienarten des Darms nutzen sogar ausschließlich  den L-Arginin-Pool des Menschen, um selbst zu überleben 3  . NO wiederum verfügt über potente immunrelulatorische Eigenschaften und stimuliert die  Durchblutung der Darmschleimhaut und auch die Produktion von Schleim. Dementsprechend beeinflusst L-Arginin die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms (Mikrobiota) und hat auch einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf einer Darmentzündung

So hat ein Mangel an L-Arginin eine vermehrte Ansammlung von Entzündungszellen  und Blutgefäßen in der Darmschleimhaut zur Folge und verstärkt das dortige Entzündungsgeschehen. Eine Arginin-reiche Diät fördert dagegen die  Diversität (Vielfalt / Reichhaltigkeit) des Mikrobioms – was eine beschleunigte Rückbildung einer Darmentzündung zur Folge hat.

Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass mit der  Supplementierung z.B. mit Wal- und Erdnüssen, Mandeln, Sojabohnen, frischen Kürbiskernen,  Weizenkeimen etc.,   die alle einen hohen Arginingehalt besitzen 4 ,  eine direkte Konkurrenz zu  herkömmlichen Therapeutika gegen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen entstehen könnte.

Referenzen  1 Shulda R, Ghoshal U. Ranjan P. Ghoshal UC. Expression of toll-like receptors, pro-, and anti-inflammatory cytokines in relation to gut microbiota in irritable bowel syndrom: the evidence for its micro-organic basis. J Neurogastroenterol Motil. 2018; 24(4): 628-642  //  2 Baier J, Gänsbauer M, Giessler C et al. Arginase impedes the resolution of colitis by altering the microbiome and metabolome. J Clin Invest. July 28, 2020; ; https://doi.org/10.1172/JCI126923  //  3  Di Martino ML, Campilongo R, Casalino M et al. Polyamines: emerging players in bacteria-host interactions. Int J Med Microbiol. 2013;303(8): 484–491 //  4 Deutsche Gesellschaft für Ernährung

RK 14.10.2020


Verjüngung und Lebensverlängerung durch ein Supplement aus der Bodybuilding-Szene

Weil hartes körperliches Training den Glutamatspiegel senkt, ist das Supplement Alpha-Ketoglutarat (AKG), aus dem zusammen mit Stickstoff (NH3) Glutamat entsteht, im Leistungssport und Bodybuilding  nicht ganz unbekannt 1. Denn Glutamin steigert die endogene Glukoseproduktion, so dass für die muskuläre Kontraktion mehr Energie zur Verfügung steht, was dann auch für die Erholungsfähigkeit nach einem harten Training eine wichtige Rolle spielt 2. In Verbindung mit Ornithin kann AKG z.B. den Proteinverlust verbessern und regt auch die Proteinsynthese an 3.

Eine aktuelle Studie zu diesem  Zwischenprodukt des Energiestoffwechsels sorgt nun für einige Aufmerksamkeit. Denn offensichtich durchliefen damit Labormäuse einen Jungbrunnen , was man daran sah, dass sich ihre Lebenszeit verlängerte 4. Zwar ähnelt  diese Wirkung  dem in der Anti-Aging-Szene hochgeschätzten Rapamycin 5 oder auch dem Anti-Diabetikum Metformin 6. Nur handelt es sich bei AKG um eine natürliche Substanz, deren Synthese auch im menschlichen Körper erfolgt. Zwar war schon in einer früheren Untersuchung eine Lebenszeitverlängerung um mehr als 50 Prozent aufgefallen 7. Nur handelte es sich seinerzeit um Würmer  und um keine Säugetiere.

Die Laborexperimente wurden mit älteren Mäusen durchgeführt, deren Futter zu 2 % aus eben diesem AKG bestand. Schon nach wenigen Monaten war festzustellen, dass ihr  Fell dunkler war und  heller glänzte als bei ihren unbehandelten Artgenossen. In einem standardisierten  „Gebrechlichkeitstest“, der so Dinge untersucht wie Hörvermögen, Gang, Griffstärke, Haarfarbe usw. schnitten sie um 40 % besser ab. Die Weibchen lebten dabei durchschnittlich um 8 – 20 % länger. Der dahinter stehende Wirkmechanismus dürfte darin zu suchen sein, dass AKG offensichtlich ein Molekül produziert, welches das allfällige Entzündungsgeschehen im Körper minimiert.

Ob  sich diese Wirkung auch auf Menschen übertragen lässt, ist allerdings schwer zu sagen, nachdem entsprechende Humanstudien fehlen. Wer jedoch nicht warten will, kann sich aber schon heute mit einem entsprechenden Supplement versorgen 8

Referenzen: 1 Newsholme EA, Castell LM. Can amino acids influence exercise perfomance in athletes. In: Steinacker JM, Ward SA. The physiology and pathophysiology of exercise tolerance, Plenum Press, London, New York: 1996: 269-274  //  2 Iwashita S, Williams P, Jabbour K et al. Impact of glutamine supplementation on glucose homeostasis during and after excercise, J Appl Physiol. 2005; 99: 1858-1865  // 3 Hammarqvist F, Wernerman J, von der Decken A, Vinnars E. Alpha-ketoglutarate preserves protein synthesis and free glutamine in skeletal muscle after surgery, Surgery. 1991;109: 28-36  //  4 Shahmirzadi AA, Edgar d, Liao CY et al. Alpha-Ketoglutarate, en endogenous metabolite, extends lifespan and compresses morbidity in aging mice. Cell Metabol. 2020: 32(3): 447-456  //  5 Johnson SC, Kaeberlein M. Rapamycin in aging and disease: maximizing efficacy while minimizing side effects. Onctotarget. 2016; 7(29): 44876-44878  //  6  Glossmann HH, Lutz OMD. Metformin and Aging: a review. Gerontology. 2019; 65: 581-590  //  7 Chin RM, Fu X, Pai MY et al. The metabolite alpha-ketoglutarate extends lifespan by inhibiting the ATP synthase and TOR. Nature. 2014; 510(7505): 397-401  //  8  LifeTabs™ / LifeAKG™. Ponce de Leon Health Inc. Fernandina Beach, Fl, USA.

RK 11.09.2020


Ist nachlassendes Gedächtnis ein ausreichender Grund,  sich von seinen überschüssigen Pfunden zu trennen ?

Eine aktuelle Studie dürfte bei all den Genießern für etwas Missmut sorgen, deren Leibesfülle vermuten lässt, gutes und reichliches Essens sei der Mittelpunkt  ihres hedonistischen Strebens . Denn offensichtlich scheint Übergewicht das Risiko für die Entstehung eines dementiellen Syndroms zu erhöhen 1. Immerhin zeigten  Hirnscans (SPECT)  an über 17 000 Menschen, wie mit steigendem BMI (Body-Mass-Index) eine fast lineare Abnahme ihrer Hirndurchblutung beginnt. Und dies vor allem in Hirnteilen wie dem  Hippocampus („Gedächtnis“), den Temporal- („Weitergabe von Gedächtnisinhalten“) und Parietallappen („Rechnen, Schreiben, Orientierung“)  und dem Gyrus cinguli („Entstehung und Verarbeitung von Lern- und Gedächtnisprozessen“), die alle auch bei Morbus Alzheimer eine Rolle spielen. Dies hatte sich schon in einer Studie mit Profisportlern angedeutet, bei denen es nach ihrem  Rücktritt vom Sport zu einer erheblichen Gewichtszunahme kam und in der Folge mit einer kognitiven Verschlechterung korrelierte 2. Auch beweist ein systematisches Review, dass Gewichtsverlust den geistigen Zerfall zu verzögern scheint 3. Bleibt Dicken also nur der Trost, zumindest am Arbeitsplatz mit einer höheren Überzeugungskraft zu brillieren – so jedenfalls ist das Ergebnis einer weiteren Studie  4.

Referenzen:  1 Amen DG, Wu J, Nobel G, Newberg A. Patterns of regional cerebral blood flow as a function of obesity in adults. J Alzheimer Dis. 4 Aug 2020; pre-press 1-7  //  2 Willeumier K , Taylor DV , Amen DG. Elevated body mass in National Football League players linked to cognitive impairment and decreased prefrontal cortex and temporal pole activity. Transl Psychiatry. 2012; 2, e68– // 3 Honea RA , Szabo-Reed AN , Lepping RJ et  al. Voxel-based morphometry reveals brain gray matter volume changes in successful dieters: Brain volume changes in successful dieters. Obesity. 2016;  24: 1842–1848  //  4 Kniffin KM, Bogan VL, Just DR. Big men in the office: the gender-specific influence of weight upon persuasiveness. PLoS One. 2019; 14(11): e0222761

RK 21.08.2020


Streit um Meinungshohheit – Vegetarierer möglicherweise Opfer unsolider Studien

Laut einem aktuellen Artikel im Deutschen Ärzteblatt 1, dürfte die Debatte, ob Fleichkonsum noch zu rechtfertigen sei, auf unsoliden Studien sowie auf Ernährungsmythen und „Fake News“ basieren. Zwar erhöhte sich nach einer „repräsentativen“ Kohortenstudie, in der insgesamt 29 682 Patienten, die über 19 Jahre durchschnittlich zweimal wöchentlich unverarbeitetes rotes  oder verarbeitetes Fleisch (Wurst) konsumierten, die Inzidenz einer kardiovaskulären Mortalität um 3 % 2. Allerdings hat ein dort angegebenes relatives Risiko von 1,03 (95-%-Konfidenzintervall 1,01 – 1,06) schlichtweg keine Aussagekraft. Dieser Streit kulminiert inzwischen mit in der Wissenschaft unüblich diffamierenden Angriffen auf 18 Autoren, die es gewagt haben,  in insgesamt 9 Metaanalysen / Reviews  die Empfehlungen für eine Reduktion des Fleischkonsums anzuzweifeln 3,4.  Denn das ernüchternde Ergebnis all dieser Untersuchungen war, dass es – nach streng evidenzbasierten Kriterien – keine ausreichenden wissenschaftliche Belege gibt, die es rechtfertigen, Empfehlungen für eine fleischfreie Kost auszusprechen 5,6,7,8,9,10,11 .

Warum sich dies zu solch verhärteten Fronten aufgeschaukelt hat,  dürfte mit einem schwerwiegenden Interessenkonflikt der Fleischgegner um die „True Health Initiative (THI) zusammenhängen: Denn offensichtlich scheinen diese Forschungsgelder und ein Sponsoring von Lebensmittelkonzernen pflanzlicher Produkte erhalten zu haben 12.  Auch lassen sich bei der Erhebung von Ernährungsgewohnheiten systematische Fehler nicht verhindern. Denn Menschen, die sich „gesund“, nämlich fleischlos bzw. vegetarisch ernähren, pflegen in der Regel  auch ansonsten gesunde Verhaltensweisen (Sport, Nichtrauchen). So bleibt für die Zukunft nur zu hoffen, dass wissenschaftliche Evidenz und -Ethik die Oberhand behalten.

Wegen des wachstums- und entwicklungsbedingt hohen und spezifischen Nährstoffbedarfs gilt das vor allem auch für Kinder, da für diese unter vegetarisch / veganer Ernährung ein erhebliches Risiko besteht, dass einzelne Nährstoffe  nur in kritisch knapper Menge oder nur unzureichend zugeführt werden 13. So wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von einer rein pflanzlichen, veganen Ernährung im gesamten Kinder- und Jugendalter abgeraten 14.

Referenzen 1 Kolb G, Bokemeyer C, Wedding U. Fleischfrei gesund und klimafreundlich essen – die Evidenz fehlt. Dt. Ärzteblatt. 6. Juli 2020; 117(28-28): B1184-B1188  //  2 Zhong VW, Van Horn L, Greenland P, et al.: Associations of Processed Meat, Unprocessed red meat, poultry, or fish Intake with incident cardiovascular disease and all-cause mortality. JAMA Intern Med 2020: e196969.  //  3 Britto B: Big beef: Texas A&M chancellor urges Harvard to investigate faculty over meat papers scandal. Houston Chronicle vom 22. Januar 2020. https://www.houstonchronicle.com/news/ houston -texas/houston/article/beef-Texas-A-M-Harvard-meat-study-14996307.php (last accessed on 12 March2020  //  4 AGDAILY Staff: Texas A&M’s chancellor calls on Harvard to look into faculty’s beefscience ethics. 22. Jan 2020. https://www.agdaily.com /livestock/texas-amcalls-on-harvard-faculty-meat-science-ethics/ (last accessed on 12 March 2020)  //  5 Zeraatkar D, Johnston BC, Bartoszko J, etal.: Effect of Lower Versus Higher Red Meat Intake on Cardiometabolic and Cancer Outcomes: A Systematic Review of Randomized Trials. Ann Intern Med 2019; 171 (10):721–31  //  6 Zeraatkar D, Han MA, Guyatt GH, et al. Red and processed meat consumption and risk for all-cause mortality and cardiometabolic outcomes: A Systematic Review and Meta-analysis of cohort Studies. Ann InternMed 2019; 171 (10): 703–10  //  7 Han MA, Zeraatkar D, Guyatt GH, et al. Reduction of red and processed meat Intake and cancer mortality and incidence: A systematic Review and meta-analysis of cohort studies. Ann Intern Med 2019; 171(10): 711–20  //  8  Johnston BC, Zeraatkar D, Han MA, et al. Unprocessed red meat and processed meat consumption: Dietary Guideline Recommendations from the nutritional Recommendations (NutriRECS) Consortium. Ann Intern Med 2019; 171 (10): 756–64  //  9 Vernooij RWM, Zeraatkar D, Han MA, et al. Patterns of red and processed meat consumption and risk for cardiometabolic and cancer outcomes: A systematic Review and Meta-analysis of cohort Studies. Ann Intern Med 2019; 171 (10): 732–41 //  10 Valli C, Rabassa M, Johnston BC, et al. Health-related values and preferences regarding meat consumption: A mixed-methods systematic review. Ann Intern Med 2019; 171 (10): 742–55  // 11 Carroll AE, Doherty TS: Meat consumption and health: food for thought. Ann Intern Med 2019; 171 (10): 767–8  //  12 Rubin R: Backlash over meat dietary recommendations raises questions about corporate ties to nutrition scientists. JAMA 2020. doi:10.1001/jama.2019.21441  //  13 Prell C, Koletzko B. Restriktive Diäten. Gefahr einer Fehlernährung und Möglichkeiten der Prävention. Monatsschr Kinderheilk. 2014; 162: 503-510  //  14 Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D et al. Vegane Ernährung. Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Ernähr Umschau. 2016; 63: 92-102

RK 20.07.20


Doppelt gemoppelt hält besser – Die Eizelle entscheidet offensichtlich, welches Spermium zu ihr passt

Bekanntlich entscheiden Immunitäts-Gene bzw. der Major Histacompatibility Complex MHC, welche sich auch in unserem individuellen  Körpergeruch äußern,  wer für uns als Partner geeignet ist – also wen wir „gut riechen können“ 1. Aber als ob das noch nicht  reicht, scheint nun auch noch die Eizelle darüber zu bestimmen, welches Spermium das Rennen macht. Denn in einer aktuellen Studie ließ sich nun nachweisen, dass die Follikelflüssigkeit über  „Lockstoffe“ (Chemotractants)  falsche Fährten legt und damit nur das besondere Spermium an sich heranlässt, welches zu einem (halbwegs) erwünschten genetischen „Matching“ passt 2. Also quasi ein zweites Filtersystem, ob die DNA der Frau und des Mannes miteinander kompatibel sind. Dies könnte auch  einen möglichen Erklärungsansatz bieten, warum einige Paare nur durch künstliche Befruchtung Kinder bekommen können.

Referenzen: 1 Chaix R, Cao C, Donnelly P. Is mate choice in humans MHC-dependent ? PLoS Genet. 2008; 4(9): e1000184  //  Fitzpatrick JL, Willis C, Devigili A et al. Chemical signals from eggs facilitate cryptic female choice in humans. Proc R Soc. 2020 June 10; 287(1928): 20200805

RK 17.07.20


Jugendliches Blutplasma für ältere Coach-Potatoes

Im Gegensatz zum Genom einer Zelle, handelt es sich beim Proteom, also der Gesamtheit aller im Körper vorkommenden Proteine, um eine äußerst dynamische Größe. Z.B. lässt sich mit einer Proteom-Analyse nicht nur bestimmen, ob eine Erkrankung droht, sondern auch, wie (biologisch) alt der Betreffende ist – was nicht verwundert, nachdem das Proteom erheblichen Einfluss auf das Altern nimmt. Auch liefert es die Begründung, warum das Blut junger Mäuse die Kognition und synaptische Plastizität  älterer Artgenossen verbessert. 1,2 . Wurden  z.B. in einer aktuellen Studie junge Tiere dazu gebracht, über einen Zeitraum von 6 Wochen mit einem Laufrad zu trainieren, übertrugen sich die damit erreichten kognitiven Verbesserungen (Lernen / Gedächtnis) per Bluttransfusion („Parabiose“) auch auf ältere „Couch-Potato-Mäuse“  bzw. erhöhte sich auch im Humanversuch ein bestimmtes damit zusammenhängendes Enzym (Gpld1) 3. Selbst Proteine bzw. Plasma, welches aus menschlichem Nabelschnurblut gewonnen wurde, aktivierte bei alten Mäusen (mit einem unterdrückten Immunsystem), die Neuronen des Hippocampus, also dem Ort, wo die Erinnerung entsteht – während junge Mäuse davon unbeeinflusst blieben 4.

So wundert es nicht, wenn in Kalifornien schon seit einigen Jahren Plasmainfusionen junger Spender angeboten werden.  Dies hat auch einige Startups wie Alkahest, Elivian oder Ambrosia Inc.  auf den Plan gerufen hat, die darin eine der größten  Anti-Aging-Hoffnungen der letzten Jahre sehen 5. Die amerikanische FDA sieht die Verfahren zwar noch immer als „unbewiesen“ und warnt vor möglichen Schäden (Anaphylaktischer Schock / Übertragung von Erregern)  6. In Anbetracht laufender Humanstudien dürfte es aber nur eine Frage der Zeit sein, bis es zu einer Neubewertung kommt.

Referenzen: 1 Lehallier B, Gate D, Schaum N et al. Undulating changes in human plasma proteome profiles across the lifespan. Nat Med. 2019 Dec 5; 25: 1843-1850  //  2 Villeda SA, Plambeck KE, Middeldorp J et al. Young blood reverses age-related impairments in cognitive function and synaptic plasticity in mice. Nat Med. 2014; 20(6): 659-663  //  3 Horowitz AM, Fan X, Bieri G et al. Blood factors transfer beneficial effects of exercise on neurogenesis and cognition to the aged brain. Science. 2020 Jul 10; 369(6500): 167-173  //  4 Castellano JM, Mosher KI, Abbey RJ et al. Human umbilical cord plasma proteins revitalize hippocampal function in aged mice. Nature. 2017; 534(7651): 488-492  //  5 Corbyn Z. Could “young” blood stop us getting old ? The Observer. Feb 2, 2020. //  6 Statement from FDA Commissioner Scott Gottlieb, M.D., and Director of FDA’s Center for Biologics Evaluation and Research Peter Marks, M.D., Ph.D., cautioning consumers against receiving young donor plasma infusions that are promoted as unproven treatment for varying conditions“. FDA. 19 February 2019. Retrieved 20 February 2019.

RK 13.07.2020


Tippelschritte deuten auf Potenzschwäche hin

Obwohl die Persönlichkeitsforschung eher dazu neigt, keinen Zusammenhang zwischen dem Charakter und dem persönlichen Gang- oder Laufstil zu sehen 1, sorgte vor einigen Jahren eine Studie für breites Medienecho, nach der sich die Aggressivität eines Menschen aus seinem Gangbild  erschließen lässt 2. Bei einigen ängstlichen Zeitgenossen des männliche Geschlechts mag das sicher dazu geführt haben, einen typisch „männlichen“ Gangstil einzuüben. Inwieweit es ihnen allerdings gelingt  ihre Umwelt durch stärkere Bewegung von  Brustkorb und  Becken beim Gehen zu täuschen, bleibt dahingestellt. Doch kaum hat man seinen gewünschten Habitus halbwegs perfektioniert, sorgt schon eine weitere Studie für Verunsicherung, scheinen doch Tippelschritte darauf hinzudeuten, dass auch in der Potenz einige Schwäche zu vermuten sind. Mit anderen Worten: Je größer die Schritte im Verhältnis zur Körpergröße, um so besser scheint es um die erektile Funktion bestellt zu sein 3. Zwar mögen sich Betroffene damit trösten, dass die Studie doch aus Japan komme, also einem Land, das sowieso zu einer sex- und ehelosen Gesellschaft verkümmert, nachdem dort 63 % der japanischen Männer zwischen 25 und 35 Jahren noch nie in einer richtigen Beziehung waren 4. Doch wäre es allemal gesund, trainingstechnische Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, welche in der Potenzsteigerung erfolgreich sind 5.

Referenzen 1 Thoresen JC, Vuong QC, Atkinson A. First Impressions: Gait cues drive reliable trait judgements. Cognition. 2012; 124(3): 261-271  //  2 Satchell L, Morris P, Mills C et al. Evidence of Big Five and aggressive personalities in gait biomechanics. J Nonverb Behav. 2017; 41(1): 35-44. Epub 2016 Sep 6  // 3 Okamoto T, Hatakeyama S, Imai A et al. The relationship between gait function and erectile dysfunction: results from a community-based cross-sectional study in Japan. J Sex Med 2019; 16: 1922-1929  // 4 Meiji Yasuda Institute of Life and Wellness. 2016 survey regarding love and marriage among people aged 20-40 years old (9th edition: Marriage and childbirth) http://www.myilw.co.jp/research/report/2016_01.php  //  5  https://omedica.de/erektile-dysfunktion/

RK 08.07.20


ICD-11 – Altern ist eine Krankheit

Nach 12-jähriger Entwicklungsarbeit wurde im Frühjahr 2019 die 11. Revision der International Classification of Diseases (ICD) von der World Health Assembly (WHA) der WHO einstimmig verabschiedet und tritt bekanntlich im Januar 2022 als ICD-11  in Kraft 1. Sie enthält nun auch Störungen wie zwanghaftes Sexualverhalten, Video- und Onlinespielsucht oder sogar Trennungsangst 2  –  aber auch interessanterweise eine erweiterte Codierung XT9T  “Ageing Related”. Damit gilt Altern als ein Hauptrisikofaktor zu erkranken,  da Entzündungen, replikative zelluläre Seneszenz („Zelle hört auf, sich zu teilen“), immunologischen Seneszenz, Fehler in der Proteostase („Steuerung von Biogenese, Faltung und Abbau von intra- und extrazellulären Proteinen“), mitochondriale Dysfunktion, Tendenz zur Fibrosierung,  hormonelle Alterung, Änderung der Körperzusammensetzung etc. hierauf großen Einfluss nehmen 3. Die „Biogerontology Research Foundation“ sowie  „Longevity Alliance“  hatten deshalb schon  77 verschiedene altersbedingte Erkrankungen an die  WHO herangetragen 4 . Letztendlich  dürfte dies in der globalen Gesundheitspolitik zu einer stärkeren Fokussierung auf das biologische Altern führen  und auch die Entwicklung neuer Therapien forcieren.

1 World Health Assembly Update, 25 May 2019 (Press release). Geneva. Switzerland: WHO. 25 May 2019. Archived from the original on July 30, 2019  //  2 Weltgesundheits-versammlung beschließt die ICD-11. Dt. Ärzteblatt. 27. Mai 2019  //  3 Khaltourina D, Matveyev Y, Alekseev A et al. Aging fits the disease criteria of the International Classification of Diseases. Mech Ageing Dev. July 2020; 189: 111230  //  4 Public Release: 2-Jul-2018. World Health Organization adds extension code for “aging-related” via ICD-11.

RK 03.07.20


Tuberkuloseimpfung kann auch vor anderen viralen Infektionen schützen

Nach Erkenntnissen der letzten Jahre, schützt eine BCG -Impfung (Bacillus Calmette-Guérin) nicht nur vor einer Tuberkulose oder sogar  Lepra, sondern macht auch unempfindlicher gegenüber anderen Infektionen 1. Ähnliche, wenn zwar nicht  ganz so deutliche Effekte waren zwar auch schon durch andere Impfstoffen zu beobachten, allerdings immer nur dann, wenn ein Lebendimpfstoff („attenuierte Erreger“) zum Einsatz kam . So lag z.B. die  Kindersterblichkeit (Entwicklungsländer) bei Nichtgeimpften um das 2,3-fache höher als bei denjenigen, die einen Lebendimpfstoff (BCG) erhalten hatten 2.

In einer aktuellen Studie der Universitäten Nijmegen und Bonn ließ sich nun zeigen, dass unter BCG eine epigenetische Reprogrammierung  von im Knochenmark gebildete Immunzellen (Monozyten) erfolgt. Mit der Folge,  dass bestimmte Erbanlagen leichter und besser abgelesen werden können und dadurch z.B. mehr Zytokine (Entzündungsbotenstoffe) gebildet werden 3.  Gerade in heutigen Pandemiezeiten ist dies von nicht unerheblicher Relevanz. Auch dürften die Impfbefürworter ein weiteres Argument an die Hand bekommen, handelt es sich doch auch bei Vakzinen gegen  Masern, Mumps, Röteln und Varizellen um Lebendimpfstoffe.

1 Arts RJW, Moorlag SJCFM, Novakovic B et al. BCG vaccination protects against experimential viral infection in humans through the induction of c ytokines associated with trained immunity. Cell Host Microbe. 2018; 23: 89-100  //  2 Moulton LH, Rahmathullah L, Halsey NA et al. Evaluation of non-specific effects of infant immunizations on early infant mortality in a southern Indian population. Trop Med Int Health. 2005; 10(10): 947-955  //  3 Schlitzer A, Netea MG.  Tuberculosis vaccine strengthens immune system. Study by the Universities of Bonn and Nijmegen explains how BCG vaccination reduces susceptibility to infections. Rheinische Friedrich-Wilhelm-University Bonn. Press Release. 15. Juni 2020

RK 29.06.20


NMN – kollektives Aufatmen nach negativem Studienergebnis

Seitdem es vor einigen Jahren gelungen ist, mit dem Molekül NMN (Nicotinamid Mononucleotid) die NAD+-Konzentration in den Körperzellen beträchtlich anzuheben, hat ein weltweiter Run auf diesen Wunderstoff eingesetzt. Denn schließlich waren die Zellen alter Mäuse, nicht mehr von denen junger Artgenossen zu unterscheiden, wenn man ihnen eine Woche lang NMN gegeben hat 1,2,3 . Dahinter steckt die Erkenntnis, dass DNA-Schäden, die nicht mehr durch körpereigene Reparaturmechanismen zu beheben sind, die Hauptverantwortung für das natürliche Altern und auch die Krebsentstehung tragen. NMN besitzt aber das Potential, die  NAD+-Konzentration in den Zellen anzuheben, was einen starken Anstieg der DNA-Reparaturenzyms PARP1 zur Folge hat. Die damalige Ankündigung, dass man  2017  mit Humanstudien zu NMN beginnen wollte (Brigham and Women’s Hospital, Boston), ließ deshalb die Herzen der Anti-Aging-Jünger höher schlagen 4, hätte man dann vielleicht schon 2025 (zumindest in den USA) ein standardisiertes Medikament erwarten können.

Bei all den „sophisticated people“, die sich schon seit längerem „freihändig“ mit dem Molekül NMN supplementieren, machte sich nun für einen kurzen Augenblick Entsetzen breit. Denn in einer aktuellen Studie (Phase 1), in der es hauptsächlich um die Sicherheit von NMN ging,  waren überraschenderweise keine signifikanten Änderungen bei den verschiedenen Biomarker zu erkennen gewesen 5. Doch bei näherem Hinsehen konnte man hier sofort wieder Entwarnung geben, nachdem nur singuläre NMN-Dosen von  100, 250 und 500 mg NMN verabreicht worden waren, also eine Dosierung, die man als eher „dürftig“ bezeichnen kann. Auch wurden die Laborparameter schon 5 Stunden nach der jeweiligen NMN-Gabe bestimmt, was viel zu kurz ist, um irgendwelche Reparaturmechanismen anzuschieben. So heißt es weiter warten, bis die Ergebnisse der Brigham-Studie zur Verfügung stehen.

1 RajmanL, Chwalek K, Sinclair DA. Therapeutic potential of NAD-boosting molecules: The In vivo evidence. Cell Metabol. 2018; 27(3): P529-547  //  2 Mills KF, Yoshia S, Stein LR. Uc K. Long-term administration of nicotinamide mononucleotide mitigates age-associated physiological decline in mice. Cell Metabol. 2016; 24(6): P795-806  //  3 Lin JB, Kubota S, Ban N  et al.  NAMPT-mediated NAD+ biosynthesis is essential for vision in mice. Cell Rep. 2016; 17: 69–85  //  4 Drug to reverse ageing likely by 2020. Clinical trial on patients in 6 mths after promising results on mice. Daily Mirror. March 25, 2017  //  5 Irie J, Inagaki E, Fujita M et al. Effect of oral administration of nicotinamide mononucleotide on clinical parameters and nicotine metabolite levels in healthy men. Endocrine J. 2020; 67(2): 153-160

RK 25.06.2020


Epigenetische Uhr – Altersvorhersage 2.0 durch deep learning

Mit der vor einigen Jahren entdeckten „Epigenetischen Uhr“ 1 und einem Speicheltest zur Altersbestimmung 2, womit sich das Alter eines Menschen erstaunlich genau bestimmen lässt, kamen seinerzeit Zweifel auf, ob denn tatsächlich gesundes Essen, wenig Stress oder viel Bewegung, auf den Alterungsvorgang großen Einfluss nehmen können. Zwar bestimmen Umwelteinflüsse sehr wohl darüber, welche Gene abgelesen werden, aber halt eben nicht ganz so stark. Zur Erläuterung: Unter Epigentik versteht man eine „Erbgutanalyse“, bei der man die Methylgruppen der DNA, mit der die Zelle die Aktivität von Genen steuert, untersucht (DNAm). Und nachdem im Laufe unseres Lebens Methylgruppen angehängt, entfernt oder etwa verschoben werden, ergibt sich daraus ein individuelles Muster, das man messen kann und womit die noch verbleibende Lebenszeit einigermaßen gut abzuschätzen ist (MAE < 4 / Mean Absolute Error). Wohinter sich aber, wie man inzwischen weiß,  eine Reihe nicht beachteter technischer Schwächen verbergen. In einer aktuellen Review zum neuesten Stand der Technik finden nun Überlegungen statt, wie die Funktionsfähigkeit der  epigenetischen Uhr – über die Altersvorhersage hinaus –  durch „deep learning“ erweitert werden kann 3

1 Horvath S. DANN methylation age of human tissues and cell types. Genome Biol. 2013; 14(10): R115  //  2 Bell CG, Lowe R, Adam PD  et al. DNA methylation aging clocks: challenges and recommendations. Genome Biol. 2019; 20(1): 249  //  3 Galkin F, Mamoshina P, Aliper A et al. Biohorology and biomarkers of aging:  current state-of-the-art, challenges and opportunities. Ageing Res Rev. July 2020; 60: 101050

RK 01.06.2020


Zweiter Anlauf  –  Weiteres Sexualstimulantium für die Frau zugelassen

Nach dem Flop von Flibanserin, einer auch als  „Pink Viagra“ titulierten Lustpille (Addyi®) der Frau 1, hat die US-amerikanischen FDA im Sommer letzten Jahres mit Bremelanotide (Vyleesi®) einen neuen Wirkstoff zugelassen, der nun eher das halten könnte, was er verspricht. Grundlage waren zwei 24-wöchige randomisierte und placebokontrollierte  Doppelblindstudien, an denen 1 247 Frauen mit einer sog. „hypoaktiven sexuellen Regulationsstörung vor den Wechseljahren“ (HSDD) teilgenommen hatten. Mit einer Zunahme um 1.25 – 1.30 Punkte im Sexual Function Index (FSFI) / Domain Sexuelles Verlangen bzw.  einer Abnahme im Female Sexual Distress Scale / Domain Verlangen, Erregung und Orgasmus um 1,4 – 1,7 Punkte, fiel das Ergebnis allerdings eher bescheiden aus (Placebo 0,70- 0,77 bzw. – 0,9) 2 — was nun auch in einem aktuellen Review bestätigt wird 3 . Als häufigste unerwünschte Wirkungen werden Übelkeit (39,9 %), Gesichtsrötung (20,4 %) und Kopfschmerzen (11 %) genannt. Bei Bremelanotide handelt es sich um eine subkutane Injektion, die man sich ungefähr eine dreiviertel Stunde vor dem Geschlechtsverkehr selbst spritzen sollte.

1 Jaspers L, Feys F, Bramer WM et al. Efficacy and safety of Flibanserin for the treatment of hypoactive sexual desire disorder in women. A systematic Review and Metaanalysis. JAMA Intern Med. 2016; 176(4): 453-462 // 2 Simon JA, Kingsbergg SA, Portman D et al. Long-term safety and efficacy of Bremelanotide for hypoactive sexual desire disorder. Obstet Gynecol. 2019; 134(5): 909-917 // 3 Mayer D, Lynch SE. Bremelanotide: New drug approved for treating hypoactive sexual desire disorder. Ann Pharmacother. 2020 Jan 1: 1060028019899152

RK 18.05.2020


Aminosäure Leucin –  Wirkung geht weit über den  Kraftsport hinaus

Die in BCAA (Branched Chain Amino Acids) enthaltene essentielle Aminosäure Leucin, spielt vor  allem im Kraft- und Ausdauersport eine wichtige Rolle, da sie den Muskelaufbau verbessert und die schnelle Ermüdung bei Ausdauerbelastungen verlangsamen kann. Weniger bekannt sind ihre Anti-Adipositas-Effekte, nachdem sie nicht nur die Lipolyse und den Abbau von Fettsäuren (ß-Oxidation) fördert 1, sondern auch einen erhöhten Blutzuckerspiegel senkt  2.

In einem  kürzlich publizierten Review, wurde nun nochmals die leucinbedingte Fettverbrennung und auch offensichtliche Wirksamkeit bei mitochondrialer Dysfunktion untersucht. Man kommt zur Schlussfolgerung,   dass sich bei dieser bisher nur wenig beachteten Aminosäure, völlig neue Strategien zur Behandlung neurodegenerativer sowie kardiovaskulärer Erkrankungen, Adipositas, Diabetes, aber auch im Bereich Longevity ergeben könnten 3.

1 Koh PL, Ho JP, Pang C et al. The role of leucine in stimulation of adipocyte lipolysis. Diabetes Res Clin Pr. 2016; 120: S181–S182 // 2 Manders RJF, Praet SFE. Meex RCR et al.  Protein hydrolysate/leucine co-ingestion reduces the prevalence of hyperglycemia in type 2 diabetic patients. Diabetes Care 2006, 29, 2721–2722 // 3 Zhang L, Li F, Guo Q et al.  Leucine Supplementation: A Novel Strategy forModulating Lipid Metabolism and Energy Homeostasis. Nutrients 2020; 12: 1299; doi:10.3390/nu12051299

RK 12.05.2020


Jod verlängert die Lebenszeit älterer Menschen

In einer aktuellen Studie, wurde der Einfluss einer  jodreichen Ernährung auf die Langlebigkeit älterer Menschen (74 – 79 Jahre / n = 218) untersucht. Nach einem 20-jährigen Follow-up stellte sich nun heraus, dass Personen, die in einer jodreichen Umgebung lebten, einem um 40 % niedrigeren Sterberisiko unterlagen (HR Hazard ratio 0,60 / p = 0,006),  als diejenigen aus einem jodarmen Gebiet 1.

1 Riis J, Pedersen KM, Danielsen MB et al. Long-term iodin nutrition is associated with longevity in older adults: a 20-year follow-up of the Randers-Skagen study. Br J Nutr. 2020; May 7: 1- 15, doi: 10.1017/S0007114520001592. Epub ahead of print

RK 09.05.2020


Morbus Alzheimer – wohl das Ergebnis einer viralen Infektion

Schon 1997 sorgte eine „Nonnenstudie“ für ungläubiges Erstaunen, zeigte sich doch  bei Schwester Mary („Kongregation der armen Schulschwestern von unserer lieben Frau“), die bis an ihr Lebensende (101 Jahre) immer körperlich und  geistig fit gewesen war, eines der schlimmsten „Alzheimergehirne“, die man bis dato gesehen hatte. Auch wiesen in dieser Kohortenstudie (678 katholische Nonnen  / Ø 85 Jahre) zwar viele der Schwestern die für Morbus Alzheimer typischen Plaquebildungen auf. Nur waren diese nur bei etwa zehn Prozent der Frauen mit einer dementiellen Symptomatik in Einklang zu bringen 1.

Nachdem aber Beta-Amyloid-Plaques, wegen ihrer antimikrobiellen Wirksamkeit (Viren, Bakterien), wohl als Teil der angeborenen Immunabwehr zu betrachten sind 2 und sich dort in neunzig Prozent der Fälle die DNA von Herpesviren (HSV1) finden lässt 3, wurde schon bald die Frage aufgeworfen, ob es sich bei Alzheimer (AD) denn nicht um ein infektiöses Geschehen handeln könnte. Denn die sog. Tau-Proteine, die den Beta-Amyloiden folgen, scheinen sich in den Nervenzellen ähnlich einer Infektion auszubreiten 4.

In einem aktuellen systematischen Review vom April 2020, das 51 Studien mit insgesamt 108 723 Teilnehmern umfasste, kommt man nun zum Ergebnis, dass bei der Entstehung von AD offensichtlich Infektionen eine wichtige Rolle spielen und daran Chlamydien sowie Herpes- und Epstein-Barr-Viren beteiligt sind 5. Dementsprechend dürfte es sich bei der bisherigen Alzheimerforschung, die sich fast ausschließlich der Beseitigung des „bösen“ Beta-Amyloids gewidmet hat, um eines der größten Wissenschaftsirrtümer der letzten Jahrzehnte handeln.

1 Snowdon DA. Aging and Alzheimer’s disease: lessons from the nun study. Gerontologist. 1997; 37(2): 150-156  //  Itzhaki RF, Wozniak MA. Could antivirals  //   2 Soscia SJ, Kirby JE, Washicosky KJ et al. The Alzeimer’s disease-associated amyloid beta-protein is an antimicrobial peptide. PLoS One. 2010; 5(3): e9505 // Bertram L, Tanzi RE. Alzheimer disease: new light on an old CLU. Nat Rev Neurol. 2010; 6(1): 11-13  //  4 Franzmeier N, Neitzel J, Rubinski A et al. Functional brain architecture is associated with the rate of tau accumulation in Alzheimer’s disease. Nat Commun. 2020; Jan 17; 11(1): 347  //   5 Qi YN, Zhu JX, Hou XH et al. Associations of infectious agents with Alzheimer’s disease: a systematic review and meta-analysis.  J Alzheimers Dis. 2020 Apr 6. doi: 10.3233/JAD-191337. Epub ahead of print.

RK 05.05.20


Ritalin erhöht die Motivation, steigert aber nicht die kognitive Leistungsfähigkeit

Motivation, Neugierde und Lernbereitschaft sind nicht einfach so angeboren, sondern haben sehr viel mit dem Neurotransmitter Dopamin zu tun. Denn seine Konzentration entscheidet letztendlich darüber,  wie energisch und zielgerichtet wir einer Aufgabe entgegensehen 1. Dies bestätigt sich nun auch in einer Studie mit dem Neuroenhancer Methylphenidat („Ritalin“), welcher bekanntlich die Dopaminkonzentration in einem bestimmten Hirnteil („Striatum“)  erhöhen kann. Folgerichtig  steigerte sich bei Probanden, die nur über einen sehr niedrigen  Dopaminlevel  verfügten, durch  Methylphenidat die Motivation, sich an die Lösung einer schweren Aufgabe zu machen. Bei  Versuchsteilnehmern mit einer normal  hohen Dopaminkonzentration statt dessen blieb Ritalin wirkungslos 2. Dies entspricht auch den bisherigen Erfahrungen, dass Ritalin bei gesunden Kindern (und Erwachsenen)  nicht wirkt, nachdem damit auch keine direkte kognitive Leistungssteigerung verbunden ist.

1 Hamid A, Pettibone J, Mabrouk O et al. Mesolimbic dopamine signals the value of work. Nat Neurosci. 2016; 19: 117-126  // 2 Westbrook A, van den Bosch R, Määttä JI et al. Dopamine promotes cognitive effort by biasing the benefits versus costs of cognitive work. Science. 2020; 367(6484): 1362-1366

RK 03.05.2020


Prostatakarzinom: Zweifel am bisherigen Dogma einer Hormonblockade

Um  bei einem fortgeschrittenen Prostatakarzinom das Wachstum von Karzinomzellen zu stoppen, gilt die Antihormontherapie als Mittel der Wahl. Dabei wird entweder die Signalwirkung von Testosteron auf die Zielzellen blockiert oder die Testosteronsynthese in den Hoden gleich ganz verhindert. Nun lässt eine bereits 2019 publizierte Studie aufhorchen, stellt sie doch die bisherige Lehrmeinung auf den Kopf. So erhielten Männer (niedriges präoperatives freies Testosteron), die sich einer radikalen Prostatektomie unterzogen hatten, eine Testosteronsubstitution (TRT), damit sich ihre Sexualfunktion verbessert. Zur Überraschung der Studienautoren, führte die TRT zu einer längeren rezidivfreien Zeit und verzögerte auch die Progression der Erkrankung – verglichen mit der Patientengruppe mit einer Standardtherapie 1.

1 Towe MM, Huynh LM, El-Khatib F et al. The predictive power of free (vs. total) testosterone in aggressive prostate cancer. J Clin Oncol. 2019; 37(15 Suppl): DOI: 10.1200/JCO.2019.37.15_suppl.e16570

RK 22.04.2020


Aktueller Marktreport zum natürlichen Antibiotikum / Virostatikum Colostrum

Laut aktuellem Report des Markforschungsunternehmens „360 Market Updates“, erreicht der Markt für bovines Colostrum in 2020 etwa 126,1 Mio. USD und wird 2026 –  bei einer Wachstumsrate (CAGR Compound Annual Growth Rate) von jährlich 8,8 % –  etwa 229,1 Mio. USD erreichen. Als wichtige Anbieter werden u.a. PanTheryx (APS BioGroup / La Bell, Inc.). Colostrum BioTec Germany, Immuno- Dynamics, Ingredia Nutritional, New Image, Biostrum Nutrtech, Imu-Tek etc. genannt 1

1 Bovine Colostrum Market 2020 – 2026: Research Report by Key Companies, Future Trend, Pipeline Projects, Product, Application, Growth and Regional Forecasts. Press release April 15, 2020 / www.marketwatch.com .

20.04.2020


LSX Nordic Congress

Strategy, Investment, Partnering & Deal Making for Nordic Life Science Executive Leaders

3rd Annual Conference

September 2 – 3, 2020 / Virtual experience

Nasdaq Offices Stockholm, Sweden

https://www.lsxleaders.com/lsx-nordic-congress


Es muss nicht immer Oralsex sein

In einer kürzlich publizierten Studie wird zwar bisherigen Erkenntnissen widersprochen 1 , dass das in hoher Konzentration in der männlichen Samenflüssigkeit enthaltene Spermidin, die Lebenszeit erheblich verlängern kann. Allerdings fördert es im Tierversuch die Gewichtsreduktion bzw. verbessert die Nieren-, Leber- und Herzfunktion. Auch wirkt es in bestimmten Gehirnregionen anti-entzündlich, vermindert  Angst und führt zu einer Steigerung von Antrieb und Interesse 2. Weniger bekannt ist, dass  durchaus auch einige spermidinreiche Lebensmittel zur Verfügung stehen. So liegt es nahe, eine Ernährungsumstellung in Betracht zu ziehen.

1 Kiechl S, Pechlaner R, Willeit P et al. Higher spermidine intake is linked to lower mortality: a prospective population-based study. Am J Clin Nutr. 2018; 108(2): 371-380   // 2 Filfan M, Olaru A, Udristoiu I et al. Long-term treatment with spermidine increases health span of middle-aged Sprague-Dawley male rats. Geroscience. 2020; Apr 13; doi: 10.1007/s11357-020-00173-5. Epub ahead of print

RK 15.04.20


Was in der Coronakrise leicht in Vergessenheit gerät

Herz-Kreislauf-Tote BRD 2017 1       265 357

Krebstote in BRD  2017 2                   235 700  (EU 1, 428 Mio. / Prediction 2020 6 )

COPD-Kranke in Klinik 2017  3          241 742

COPD-Tote  BRD 2017  4                      32 104

Covid-19-Tote BRD 5                             2 736  (Stand 11.04.2020) (167 214/ Stand 17.02.2023)

Covid-19-Tote weltweit                  472 171  (Stand 23.06.20) (6 860 742/ Stand 17.02.2023)

1 Statistisches Bundesamt  Okt 2019  / 2 Statistisches Bundesamt Okt 2019 / 3 Statistisches Bundesamt Okt 2019 / 4 Statistisches Bundesamt Okt 2019 / 5 Johns Hopkins University 11.04.20 / 6 Carioli G, Bertuccio P, Boffetta P et al. European cancer mortality predictions for the year 2020 with a focus on prostate cancer. Annals of Oncology, April 19, 2020. https://doi.org/10.1016/j.annonc.2020.02.009

RK 11.04.2020 / update 17.02.2023


Mit etwas Augenzwinkern: Immunstimulation à la Samoa

In Zeiten von Covid-19 und einer wachsenden Flut mehr oder weniger seriöser Empfehlungen zur prophylaktischen Immunstimulation, sei nochmals an eine Studie aus dem Herbst 2019 erinnert, die sich auf die altüberlieferte Tradition des Tätowierens  der Samoa-Insulaner bezieht 1.  Offensichtlich führt das wiederholte Stechen von Tattoos, zu einem nachhaltigen Anstieg der sIgA (sekretorische IgA), also Immunglobulinen oder Antikörpern, welche sich in den Schleimhäuten bilden und auch im Blut vorzufinden sind und den Körper vor dem Eindringen von Viren, Bakterien und anderen Krankheitserregern schützen. Erklärt wird dies u.a. durch eine allfällige adaptive Immunantwort nach Verletzungen, also dem Bemühen der Lymphozyten, die hochspezifischen Oberflächenmerkmale von vermeintlichen Eindringlingen zu erkennen.

1 Lynn CD, Howells M, Herdrich D et al. The evolutionary adaptation of body art: tattooing as costly honest signaling of enhanced immune response in American Samoa. Am J Biol.  2019 Oct 26; doi.org/10.1002/ajhb.23347

RK 09.04.2020


Erfolgreiche Migränebehandlung durch rPMS des oberen Rückens 1

Mit nur sechs Anwendungen im Bereich der Trapezius- und Deltoideus-Muskeln des Rückens, ist es mit der repetitiven peripheren Magnetstimulation (rPMS) gelungen, die Anfallshäufigket bei Migränepatienten signifikant zu verringern 1 .  Legt man das MIDAS-Scoring (Migraine Disability Assessment) zugrunde, welches die funktionellen Beeinträchtigungen durch Kopfschmerzen (insbesondere Migräne) in den vorausgegangenen drei Monaten erfasst, ergibt sich ein relativ klares Bild: So verbesserte sich der Score von ursprünglich 29 auf 13 Punkte ( M. trapezius) bzw. von 31 auf 15 Punkte (M. deltoideus).

1 Rennet T, Sollmann N, Heinen F et al. Alleviation of migraine symptoms by application of repetitive peripheral magnetic stimulation to myofascial trigger points of neck and shoulder muscles – a randomized trial. Sci Rep. 2020 Apr 6; 10(1): 5954

RK 07.04.2020


Nochmals bestätigt: Gesamtmortalität sinkt mit dem täglich absolvierten Schrittpensum

Laut einer aktuellen Studie 1 besteht zwischen dem täglich absolvierten Schrittpensum und der Gesamtmortalität ein deutlicher Zusammenhang. Während die Mortalität bei Personen mit täglich weniger als 4 000 Schritten  77 / 1000 Personenjahre beträgt, liegt sie bei mehr als 12 000 Schritten bei unter 5, was ungefähr einem Sechzehntel entspricht.

1 Saint-Maurice PF, Troiano RP, Bassett DR Jr et al. Association of daily step count and step intensity with mortality among US adults. JAMA. 2020; 323(12): 1151-1160

06.04.2020


Europäische Kommission will Inkrafttreten der neuen MDR-Verordnung auf 2021 verschieben

Als Reaktion auf die Pandemie mit dem Coronavirus, hat die Europäische Kommission an den Rat der EU-Staaten sowie das Europäische Parlament appelliert, die Anwendung der neuen MDR (Medical Device Regulation), die eigentlich zum 26. Mai 2020 in Kraft treten soll, um ein Jahr zu verschieben. Damit sollen Lieferengpässe in der derzeit angespannten Lage und eine Unterbrechung  bei der Versorgung mit medizinischen Geräten vermieden werden.

25.03.2020

Update: Durch Europäisches Parlament am 17.04.20 beschlossen


Human Enhancement 2020

Laut dem Marktinformationsdienst Mordor Intelligence liegt die jährliche Wachstumsrate (CARG Compound Annual Growth Rate)  im Markt Human Enhancement für den Prognosezeitraum 2020 – 2025 bei 38 %, so dass  im Jahre 2025 ein Volumen von über 1,925 Milliarden USD erwarten ist. Dies ist natürlich nicht mit dem  globalen Markt für Longevity-Produkte zu vergleichen, der im Jahre 2020 etwa 55 Millarden USD erreichen wird.


Longevity März 2020

Chen Y, Zhang S, Zeng B et al. Transplant of microbiota from long-living people to mice reduces aging-related indices and transfers beneficial bacteria. Aging. 2020; 12: https://doi.org/10.18632/aging.102872 [Epub ahead of print]

Personen aus Landesteilen („Blue Zones“), in denen die Menschen überdurchschnittlich länger leben,  besitzen eine höhere mikrobiotische Diversität als junge Menschen aus dem selben Land [1]. Wird z.B. der  Stuhl solcher Menschen auf Mäuse transplantiert, verbessert sich nicht nur deren intestinale Mikrobiota, nehmen die kurzkettigen Fettsäuren (SCFA)  zu und verlängern sich die Zotten des Darms, sondern reduziert sich auch das gefährliche Lipofuszin und die ß-Galactosidase.  Das hat ein immense Bedeutung, häuft sich doch mit zunehmendem Alter das Lipofuszin besonders in Herzmuskel-, Leber, Nerven- und Retinazellen an und führt zu deren Apoptose (Absterben) oder gilt eine erhöhte ß-Galactosidase-Aktivität als ein molekularer Marker für seneszente (alternde) Zellen.

[1] Kong F, Deng F, Li Y, Zhao J. Identification of gut microbiome signatures associated with longevity provides a promising modulation target for healthy aging. Gut Microbes. 2019; 10:210–215.

RK 12.03.20


AGEING SCIENCE | AGEING WELL | LONGEVITY RISK

The Longevity Leaders World Congress took place 19-22 May 2020 as a virtual event

In light of Covid-19 this event wil no longer take place in April. New dates will be announced soon

2nd Longevity Leaders Congress
21-22 April 2020
London, UK

https://www.lsxleaders.com/longevity-leaders-congress


Neue EU-Medizinprodukte-Verordnung

Laut Bundesverband für Medizintechnologie beschäftigt die deutsche Gesundheitswirtschaft 7,6 Millionen Menschen und erwirtschaftet fast 370 Milliarden Euro [1]. Von jährlichen Wachstumsraten von bis zu 7 % verwöhnt, hat sich 2019 die Stimmung im Medizintechnikmarkt, der auf einen Gesamtumsatz von 30,4 Milliarden Euro kommt, aber deutlich eingetrübt.

Mit einer zu erwartenden Umsatzsteigerung (Inland) um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (4,3 %) [2], sind dies natürlich Klagen auf hohem Niveau. Hauptgrund ist die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation MDR), die zu längeren Bewertungsverfahren und steigenden Preisen bei den Benannten Stellen führt.

Gerade wegen den verschärften Anforderungen an die technische Dokumentation, umfangreichen Vorgaben an die Post-Market-Surveillance sowie der deutlich detaillierteren Regelung für die klinischen Bewertungen und Prüfungen ist es deshalb erforderlich, sowohl in der Produktzulassung, als auch in der Produktbegleitung, für eine saubere Dokumentation zu sorgen.

[1] BVMed: Branchenbericht für Medizintechnologie, Stand 21. Nov. 2019
[2] BVMed: https://www.bvmed.de/de/branche/lage-der-branche


MP-Anpassungsgesetz und keine Ende

Nach dem Medizinprodukte-Anpassungsgesetz, das nach einer Übergangsfrist von drei Jahren im Mai diesen Jahres in Kraft tritt, müssen alle Medizinprodukte neu zertifiziert werden, also auch diejenigen, die sich bereits länger auf dem Markt befinden. Zugleich müssen auch die europaweit 58 Benannten Stellen, die für die Zertifizierung der Produkte zuständig sind, selbst einen Zertifizierungsprozess durchlaufen, um zu belegen, dass sie den verschärften Anforderungen der Verordnung entsprechen. Bislang sind jedoch erst 9 nach neuem Recht bestätigt. Auch die Europäische Datenbank für Medizinprodukte (Eudamed) wird wohl erst 2022 voll funktionsfähig sein [1] .

[1] Korzilius H. Medizinproduktegesetz, Einzelne Punkte nachbessern. Deutsch. Ärztebl. 2020; 117(5): C 173